Winterzeit – Zeit der Glätte und des Schnees. Die Frage, die sich dabei immer wieder stellen kann: Hafte ich, wenn auf meinem Grundstück wegen Glätte ein Dritter verunglückt? Das Landgericht Köln entschied nun in einem Fall, dass dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, auch wenn der grundsätzlich Räum- und Streupflichtige diese Pflichten durch Vertrag auf eine Fachfirma übertragen hat, diese aber erkennbar nicht ausrückt.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines LKW mit Auflieger. Die Beklagte betreibt auf ihrem Betriebsgelände in Frechen einen Warenumschlagplatz. Sie hat die Räum- und Streupflicht für dieses Grundstück durch Vertrag auf eine Gebäudereinigungsfirma übertragen. In einer Nacht im Dezember 2022 vereiste das Betriebsgelände der Beklagten aufgrund eines plötzlichen Kälteeinbruchs. Wenige Minuten nach Mitternacht befuhr ein Mitarbeiter der Klägerin mit dem Gespann aus LKW und Auflieger das Betriebsgelände, um dort an einer Wechselbrücke das Fahrzeug be- und entladen zu lassen. Der Fahrer verlor die Kontrolle über das Fahrzeug und rutschte gegen eine der Wechselbrücken. Es entstand Schaden an der Zugmaschine und dem Auflieger, den die Klägerin zum Teil über ihre Kaskoversicherung regulieren ließ. Anschließende anwaltliche Zahlungsaufforderungen gegenüber der Beklagten blieben erfolglos.
Der daraufhin beim Landgericht Köln auf Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen und vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten als auch Feststellung der weiteren Schadensersatzverpflichtung erhobenen Klage, gab das Landgericht Köln nun vollumfänglich statt.
Das Landgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass die Beklagte der Klägerin aus Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB hafte. Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt, indem sie trotz der jedenfalls seit 22:30 Uhr erkannten Untätigkeit des hiermit beauftragten Unternehmens ihrerseits untätig geblieben sei. Dies sei ursächlich für den Schadensfall. Ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht erwiesen.
Deliktische Verkehrssicherungspflichten könnten zwar grundsätzlich auf einen Dritten übertragen werden. Allerdings verblieben dann Kontroll- und Überwachungspflichten bei dem Übertragenden. Übernehme dabei ein Fachunternehmen die Pflichten, dürfe sich der Übertragende zudem grundsätzlich auf die Erfüllung verlassen und müsse ohne konkreten Anhaltspunkt nicht alle Einzelheiten kontrollieren.
Im vorliegenden Streitfall, so das Landgericht weiter, habe die Beklagte nach eigenem Vorbringen jedenfalls seit 22:30 Uhr und damit zum Schadenszeitpunkt seit mehr als 90 Minuten Kenntnis davon gehabt, dass das beauftragte Unternehmen trotz des Kälteeinbruchs untätig geblieben war. Daher hätte es die Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht bei einer bloßen weiteren Mahnung gegenüber dem Übernehmer belassen dürfen, sondern hätte selbst tätig werden müssen. Es mag sein, so die weitere Begründung, dass die Beklagte nicht selber habe streuen können. Sie hätte jedoch einen Warnhinweis an der Einfahrt des Geländes anbringen können. Soweit die Beklagte auf die unzumutbare Gefährdung ihrer Mitarbeiter verweise, überzeuge dies nicht. Ein Fußgänger, der von der Glätte weiß, sollte in der Lage sein, sich mit äußerster Vorsicht unfallfrei über das Grundstück zu bewegen. Im Übrigen hätte die Beklagte telefonische Warnungen aussprechen können. Dabei geht das Landgericht nach seinen weiteren Ausführungen davon aus, dass der Beklagten bekannt gewesen sei, welche Unternehmen sie zu welchen Zeiten mit Waren beliefern oder solche abholen würden.
Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sieht die Kammer in ihrem Urteil zudem als ursächlich für den Schaden an. Insoweit streite nach Auffassung des Landgerichts ein Anscheinsbeweis für den Geschädigten, wenn Schäden eintreten, die die verletzte Pflicht hätte verhindern sollen oder die bei deren Beachtung hätten verhindert werden können. Insoweit sei, so das Landgericht weiter, davon auszugehen, dass der Fahrer der Klägerin sich bei zutreffender Information über den Zustand des Grundstücks mit äußerster Vorsicht fortbewegt hätte, nach Gefahrenstellen Ausschau gehalten hätte, notfalls die Fahrt unterbrochen hätte. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht erschüttert. Ein unvorsichtiges Verhallten des Fahrers, das ein Mitverschulden begründen könnte, sei von der Beklagten zwar behauptet, aber nicht erwiesen.
Abschließend führt die Kammer im Urteil aus, dass sich ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Schäden auch aus den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ergebe, da davon auszugehen sei, dass die Klägerin nicht ohne vertragliche Absprache mit der Beklagten Waren hole und liefere. In diesem Zusammenhang sei der Beklagten ein Fehlverhalten des mit dem Winterdienst betrauten Unternehmens nach § 278 BGB zuzurechnen.
Die am 18.12.2023 verkündete Entscheidung zum Az. 15 O 169/23 ist nicht rechtskräftig.
(c) LG Köln, 03.01.2024