Mit dem langen Streit über den Haushalt hat die Bundesregierung weiter an Ansehen eingebüßt. Noch nie in dieser Legislaturperiode war das Ansehen der Bundesregierung und ihres Kanzlers so schlecht wie zurzeit.
Waren bis Mitte März noch mehr als die Hälfte aller Befragten der Meinung, dass die Bundesregierung ihre Sache eher gut macht, so sank dieser Wert seitdem auf 27 Prozent. 68 Prozent meinen jetzt, dass die Koalition ihre Arbeit eher schlecht macht (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). Während jeweils die Mehrheit der Anhänger von SPD und Grünen ein positives Urteil abgibt, sehen das alle anderen Parteianhängergruppen ganz anders. Selbst bei den Anhängern der mitregierenden FDP ist nur ein gutes Fünftel (22 Prozent) mit der Arbeit der Ampel-Koalition zufrieden.
Union keine Alternative
Eigentlich ist die Krise der Regierung die Stunde der Opposition. Aber trotz der schlechten Regierungsbeurteilung ist nur gut ein Drittel (35 Prozent) der Befragten der Meinung, dass es eine CDU/CSU-geführte Regierung besser machen würde als die jetzige Regierung. 46 Prozent sagen, das würde keinen Unterschied machen und 13 Prozent erwarten dann eine schlechtere Arbeit.
Kanzlerkandidat der CDU/CSU
Zu diesem Befund passt auch, dass der Vorsitzende der CDU und Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht die erste Wahl ist, wenn es um die Erfolgsaussichten einer Kanzlerkandidatur geht. Die größten Chancen, ein gutes Ergebnis bei der nächsten Bundestagswahl zu erzielen, hätte die CDU/CSU für 28 Prozent aller Befragten mit Markus Söder, danach folgt Hendrik Wüst (20 Prozent) und dann erst kommt Friedrich Merz mit 16 Prozent vor Daniel Günther mit 10 Prozent. Auch die CDU/CSU-Anhänger vermuten die größten Erfolgschancen bei Markus Söder (32 Prozent), danach folgen Friedrich Merz (22 Prozent) und Hendrik Wüst (19 Prozent) vor Daniel Günther mit 9 Prozent.
Projektion
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme die SPD nur noch auf 14 Prozent (minus 1) – das ist ihr schlechtester Wert in dieser Legislaturperiode – und die CDU/CSU auf 32 Prozent (plus 1). Die Grünen würden 14 Prozent (minus 1) erreichen, die FDP käme auf 5 Prozent, die AfD auf 22 Prozent, die Linke auf 4 Prozent (alle unverändert) und die Freien Wähler auf 3 Prozent. Die anderen Parteien lägen zusammen bei 6 Prozent, darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde. Bei einem solchen Ergebnis hätte die Ampelkoalition weiterhin keine parlamentarische Mehrheit. Von den politisch realistischen Bündnissen würde es aber reichen für eine Zweier-Koalition aus CDU/CSU und SPD oder CDU/CSU und Grüne.
Top Ten: Olaf Scholz stürzt ein weiteres Mal ab
Bei der Beurteilung von Politikerinnen und Politikern nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter unangefochten auf Platz eins. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,7 (Nov. II: 1,8) eingestuft. Auf Platz zwei folgt mit sehr großem Abstand Markus Söder mit 0,2 (Nov. II: 0,1). Danach beginnt schon der Negativbereich: Friedrich Merz mit minus 0,1 (Nov. II: minus 0,4), Annalena Baerbock mit minus 0,5 (Nov. II: minus 0,2), Robert Habeck mit minus 0,5, (Nov. II: minus 0,3), Christian Lindner mit minus 0,5 (Nov. II: minus 0,5). Stark eingebrochen ist Olaf Scholz mit minus 1,0 (Nov. II: minus 0,4), sein persönlicher Tiefstwert. Auf Platz acht Sahra Wagenknecht mit minus 1,1 (Nov. II: minus 1,3), dann die jetzt wieder in den Top Ten vertretene Nancy Faeser mit minus 1,3 und ganz am Schluss Alice Weidel mit minus 2,2 (Nov. II: minus 2,6).
Krieg in der Ukraine
Die Gegenoffensive der Ukraine gegen die russische Besatzung ist bis jetzt nicht erfolgreich gewesen. Das bewirkt offensichtlich, dass die Zustimmung für die Unterstützung der Ukraine eher steigt: Jetzt sind 35 Prozent (plus 6) für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine, 33 Prozent (minus 6) meinen, dass der Westen die Ukraine wie bisher unterstützen sollte und 27 Prozent (plus 1) wollen diese verringern. Dass die Ukraine auf von Russland besetzte Gebiete verzichten sollte, wenn dadurch der Krieg beendet wird, meinen 41 Prozent, 48 Prozent fänden es gut, wenn die Ukraine weiter für deren Befreiung kämpft. Fast unverändert sprechen sich 52 Prozent dafür aus, die Ukraine in den nächsten Jahren in die EU aufzunehmen, 41 Prozent sind dagegen.
Jahresrückblick und Ausblick auf 2024
Trotz vieler nationaler und internationaler Krisen bleibt das persönliche Urteil über das aktuelle Jahr gedämpft positiv. Von 2023 sagen ähnlich wie vom Vorjahr 66 Prozent, dass es für sie persönlich eher ein gutes Jahr war, 31 Prozent meinen, es war für sie ein eher schlechtes Jahr. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) erwartet, dass 2024 so ähnlich ausfallen wird wie dieses Jahr, während 28 Prozent dem neuen Jahr für sich persönlich eher optimistisch und 13 Prozent eher pessimistisch entgegensehen.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 12. bis 14. Dezember 2023 bei 1.146 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD: 14 Prozent, CDU/CSU: 36 Prozent, Grüne: 17 Prozent, FDP: 5 Prozent, AfD: 17 Prozent, Linke: 3 Prozent, FW: 4 Prozent.
Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 12. Januar 2024.
(c) ZDF, 15.12.2023