„Baden-Württemberg ist auch im vergangenen Jahr wieder bundesweit spitze auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit. Die Kriminalitätsbelastung, also die Straftaten je Einwohner, ist im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen und so niedrig wie seit 1977 nicht mehr. Gleichzeitig hat die Polizei rund zwei Drittel aller Straftaten aufgeklärt. Die Aufklärungsquote ist damit nochmals gestiegen und mit 65,3 Prozent die beste seit fast 60 Jahren. Das bedeutet: Von den insgesamt weniger werdenden Straftaten werden immer mehr aufgeklärt – die Täterinnen und Täter überführt. Diese Erfolgsbilanz ist vor allem dem beharrlichen und engagierten Einsatz unserer Polizistinnen und Polizisten zu verdanken, die auch im Jahr 2021 Herausragendes geleistet haben“, sagte der Stv. Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl am heutigen Montag (14. März 2022). Anlass war die Vorstellung des fünften Sicherheitsberichts der Landesregierung und der Polizeilichen Kriminalstatistik 2021.
Die Zahl der Gesamtstraftaten in Baden-Württemberg ist im Jahr 2021 weiterhin rückläufig und liegt mit 486.331 auf dem niedrigsten Stand seit 36 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr wurden damit rund zehn Prozent weniger Straftaten verzeichnet. Die Kriminalitätsbelastung sinkt ebenfalls um 9,7 Prozent auf 4.380 Straftaten je 100.000 Einwohner und ist so niedrig wie seit 1977 nicht mehr.
Corona-Pandemie – Auswirkungen auf die Tatgelegenheitsstrukturen
„Die Pandemie hat unser Leben verändert, viele arbeiten im Home Office, sind mehr zu Hause. Das beeinflusst das kriminelle Handeln. Auch im zweiten Pandemiejahr 2021 gab es weniger Wohnungseinbruchdiebstähle und weniger Straftaten im öffentlichen Raum – wie schon in den Jahren vor Corona. Damit verstärkt die Corona-Pandemie einen Trend, den wir mit harter Arbeit und gezielten Schwerpunkten bereits vor Corona eingeleitet haben. Doch Kriminelle passen ihr Verhalten freilich an die Gegebenheiten an und suchen sich neue Betätigungsfelder: Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Coronahilfen, neue Maschen betrügerischer Schockanrufe und das Phänomen der Impfpassfälschungen sind vermehrt zutage getreten“, so Minister Thomas Strobl.
Wohnungseinbruchdiebstahl – tiefster Stand seit über 50 Jahren
Sich sicher in seinen vier Wänden zu fühlen, ist ein zentrales Bedürfnis für uns alle. Die Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls ist seit Jahren ein bedeutender Arbeitsschwerpunkt der Polizei Baden-Württemberg. Unsere harte, ambitionierte, engagierte, vorausschauende und nicht nachlassende Polizeiarbeit zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls, mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen zum Schutz des privaten Kernbereichs der Menschen, hat sich gelohnt, zahlt sich aus, kommt bei den Menschen an.
Der Wohnungseinbruchdiebstahl erreicht mit 3.298 Fällen den tiefsten Stand seit über 50 Jahren. Die Fallzahlen gehen das siebte Mal in Folge zurück. Seit dem Allzeithoch im Jahr 2014 um gut 75 Prozent – das sind über 10.000 Wohnungseinbrüche weniger als noch vor sieben Jahren. Fast die Hälfte scheitert bereits im Versuchsstadium.
„Wir haben uns seinerzeit ein klares Ziel gesetzt: Wir wollen Einbrechern das Handwerk legen, dafür sorgen, dass sie um Baden-Württemberg einen weiten Bogen machen. Die Entwicklung der letzten sieben Jahre zeigt: Unsere Maßnahmen wirken. Und das freut mich ganz besonders. Denn: Sicherheit bedeutet Lebensqualität. Hier sind wir auf dem richtigen Weg – unsere hartnäckigen Maßnahmen im Bereich der Prävention und der Strafverfolgung haben beim Wohnungseinbruch zu einer Trendumkehr geführt, und das schon weit vor Beginn der Pandemie“, so Innenminister Thomas Strobl.
Eigentumskriminalität – Nachhaltig eingedämmt
Diebstahlsdelikte sind mit ihrem Anteil an den Gesamtstraftaten bedeutend und machen knapp ein Viertel aller Straftaten aus. Auch hier ist die Entwicklung der letzten Jahre höchst erfreulich: Diebstahlsdelikte befinden sich mit 113.535 Fällen auf dem tiefsten Stand seit Mitte der 1960er Jahre. Der Rückgang betrifft nahezu alle Erscheinungsformen und beträgt im Vergleich zum Vorjahr rund 16 Prozent. Laden-, Taschen- und Trickdiebstähle gehen innerhalb von fünf Jahren sogar um rund 40 Prozent zurück. Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Einzelhandel, der Ausfall größerer Veranstaltungen und Weihnachtsmärkten sowie die Abstandsregelungen haben diesen positiven Trend noch einmal beeinflusst – der Rückgang wurde freilich bereits in den Jahren zuvor eingeleitet.
Ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit bleiben die betrügerischen Anrufe. Unter Berücksichtigung der Fälle, die im Ausland erfasst wurden, sind die Straftaten wie „Falscher Polizeibeamter“, „Enkeltrick“ und „Schockanruf“ im Jahr 2021 um gut 21 Prozent gesunken. Der Gesamtschaden ist angestiegen, wobei herausragende Einzelfälle teilweise Schäden in Millionenhöhe verursachten. Wir haben die betrügerischen Anrufe weiter im Focus und nehmen dieses perfide Vorgehen sehr ernst.
„Glücklicherweise erkennen mehr als neun von zehn Angerufenen den Schwindel. Freilich gilt weiterhin: Je mehr Menschen von diesen Betrugsmaschen erfahren, desto größer sind die Chancen, diesen kriminellen Sumpf trockenzulegen. Deshalb klärt die Polizei in diesem Bereich intensiv auf“, erläuterte Innenminister Thomas Strobl.
Weniger Straftaten im öffentlichen Raum
„Die Stärkung der Sicherheit im öffentlichen Raum war im letzten Jahr erneut einer unserer Handlungsschwerpunkte – und die polizeiliche Arbeit hat ihre Wirkung gezeigt. Daher freut es mich ganz besonders, dass die Straftaten im öffentlichen Raum deutlich – um rund zehn Prozent – zurückgegangen sind. Diese positive Entwicklung der Sicherheit im öffentlichen Raum ist auch, aber nicht nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Betrachtet man die letzten Jahre, so zeigt sich auch hier: Unsere langfristige Sicherheitsarbeit weist schon vor der Pandemie deutliche Erfolge auf. Das hat sich nun verstetigt“, führte Innenminister Thomas Strobl aus.
Seit dem Höchststand im Jahr 2015 wurden die Straftaten im öffentlichen Raum um fast ein Viertel reduziert. Im Vergleich zum Vorjahr sind 2021 insbesondere die Fallzahlen der Aggressionsdelikte und die Fälle der Rauschgiftkriminalität um jeweils rund 15 Prozent im öffentlichen Raum gesunken. Die Sexualstraftaten im öffentlichen Raum sind um knapp acht Prozent angestiegen, was insbesondere auf die Zunahme der Verbreitung, des Erwerbs, des Besitzes oder des Herstellens kinderpornografischer Inhalte zurückzuführen ist.
„Von den Sexualstraftaten im öffentlichen Raum klärt die Polizei über zwei Drittel der Fälle auf. Die Aufklärungsquote aller Sexualstraftaten beträgt im Jahr 2021 gut 89 Prozent. Damit werden in fast neun von zehn Fällen in diesem äußerst sensiblen Deliktsbereich, bei diesen für die Opfer besonders traumatisierenden Straftaten, aufgeklärt. Das ist zudem der höchste Wert seit mehr als 15 Jahren“, so der Innenminister. Es ist also falsch, Straftaten nicht zur Anzeige zu bringen, nach dem Motto: „Da passiert doch eh nix, den erwischen die ja sowieso nicht.“ Doch, fast 90 Prozent Aufklärung widerlegen das – und zeigen, dass hier auch weitere Straftaten durch dieselben Täter verhindert werden können.
Bei den Sexualstraftaten machen die Verbreitung pornografischer Inhalte im Jahr 2021 die Hälfte aller Delikte aus. Darunter sind auch Fälle der Kinderpornografie und die Verbreitung solchen Materials in Messenger-Gruppen.
„Zur Bekämpfung der besonders widerwärtigen und abscheulichen Kinderpornografie haben wir zusätzlich eine Million Euro zur Stärkung der Ermittlungskapazitäten bereitgestellt. Darüber hinaus haben wir uns massiv dafür eingesetzt, dass Ermittlerinnen und Ermittlern eine neu geschaffene gesetzliche Grundlage für den Einsatz von computergenerierten kinderpornografischen Dateien – sogenannten Fake-Bildern – bekommen, um sich Zugang in diese perversen Sphären zu verschaffen. Gerade im Bereich der Kinderpornografie versuchen Täter bei der geringsten Irritation wieder in der Anonymität des Netzes abzutauchen. Deshalb braucht unsere Polizei solche Bilder als Vertrauensbeweise, um mit Tätern in Kontakt zu kommen und Kindesmissbrauch im Darknet aufzudecken und zu verhindern. Wir gehen gegen diese besonders widerwärtigen, abscheulichen und perversen Straftaten massiv vor“, betonte Minister Thomas Strobl.
Cybersicherheit in Baden-Württemberg
„Die Coronapandemie hat wie ein Digitalisierungsbooster gewirkt, ein Konjunkturprogramm für das Digitale. Homeoffice, Videokonferenzen oder Einkäufe über das Internet: Vieles ist einfacher geworden. Digital hilft, trotz Kontaktbeschränkungen mit Menschen in Kontakt zu bleiben. Mit der wachsenden Digitalisierung wächst aber auch die mögliche Angriffsfläche. Die Kriminalität verlagert sich ins Netz. Die Cyberkriminalität nimmt erneut zu. Dem steuern wir gezielt und engagiert seit längerem entgegen: Mit einer spezialisierten Abteilung Cybercrime und Digitale Spuren beim Landeskriminalamt und entsprechenden Kriminalinspektionen in allen regionalen Polizeipräsidien, mit der Zentralen Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim LKA, mit einer Verstärkung des Arbeitsbereichs Cyberabwehr im Landesamt für Verfassungsschutz, mit dem bundesweit einmaligen Modellprojekt Cyberwehr, das künftig in der neu gegründeten Cybersicherheitsagentur weiterentwickelt wird. Im Kampf gegen diese Kriminalitätsform ist die Polizei mit hochqualifiziertem Personal und modernster Technik rund um die Uhr im Einsatz“, berichtete Minister Thomas Strobl.
Die Fallzahlen der Cyberkriminalität steigen seit dem Jahr 2017 stetig an – im Jahr 2021 um 4,8 Prozent auf 10.744 Straftaten. Damit ist ein neuer Höchststand erreicht. Den größten Anteil mit über 8.000 Fällen hat hierbei der zuletzt leicht rückläufige Computerbetrug.
Straftaten der Datenveränderung und der Computersabotage, der Fälschung beweiserheblicher Daten sowie des Ausspähens beziehungsweise Abfangens von Daten nehmen zu. Die mittels Internet oder IT-Geräten verübten Straftaten steigen das vierte Jahr in Folge. Davon sind etwas mehr als die Hälfte Betrugsstraftaten. Bei Cyberangriffen auf Firmen und Institutionen verschlüsseln professionell agierende Kriminelle nicht nur die Dateien eines Unternehmens und fordern für die Entschlüsselung Geld, sie drohen zusätzlich immer häufiger damit, die ausgespähten Daten zu veröffentlichen.
Die Polizei Baden-Württemberg kooperiert national und international mit anderen Behörden und Einrichtungen. Zur Bekämpfung der Cyberkriminalität und für den Schutz kritischer Infrastrukturen beteiligt sich das Land an der Ausbildung von Cybersicherheitsfachkräften. Seit Oktober 2021 werden an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg am Standort Heilbronn Studienplätze im Bereich Cybersicherheit angeboten. Die Praxisphasen dieses Bachelorstudiums werden wechselseitig von den Ausbildungspartnern – der EnBW AG, dem LKA BW und der neu gegründeten Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg – begleitet. Auf diese Weise können die Studierenden umfassende Kenntnisse zu behördlichen, kriminalistischen und wirtschaftlichen Aspekten des Themenfelds Cybersicherheit erwerben.
„Wir müssen uns vernetzen, um der Cyberkriminalität schlagkräftig Paroli zu bieten. Das tun wir, mit länderübergreifende Kooperationen mit anderen Behörden, der Wirtschaft sowie der Wissenschaft und Forschung“, betonte Minister Thomas Strobl.
Einsatzlage/Umgang mit Protestaktionen im Kontext der Pandemie
Die Corona-Pandemie hat auch 2021 die Polizei in besonderem Maße gefordert. Sie war hier doppelt gefordert: Zum einen mit der Kontrolle der infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen, zum anderen mit der Sicherung der Demonstrationsfreiheit-, Meinungs- und Pressefreiheit.
„Unsere Polizei hat hier in den vergangenen beiden Jahren außerordentliches geleistet, unermüdlichen Einsatz gezeigt und ist konsequent gegen Verstöße und Straftaten vorgegangen. Mehrere ‚Blitz-Urteile‘ wie beispielsweise am 28. Dezember 2021, in Mannheim, bei dem zwei Angeklagte mit teils empfindlichen Strafen bedacht wurden, konnten ihre abschreckende Wirkung bereits entfalten. Und das ist ein wichtiges Signal an die Menschen im Land, die über die ganze Zeit unter großen Entbehrungen mit dazu beigetragen haben, dass wir gut durch diese Pandemie kommen“, so Innenminister Thomas Strobl. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden von der Polizei Baden-Württemberg über 2,32 Millionen Personen und mehr als 864.000 Fahrzeuge kontrolliert sowie beinahe 387.000 Verstöße gegen die erlassenen Verordnungen festgestellt.
Politisch motivierte Kriminalität – Gegen Hass und Hetze
„Die Politisch motivierte Kriminalität hat viele Gesichter. Ganz gleich, welche Ideologie, welches extremistische Gedankengut hier zum Tragen kommt, die Taten in diesem Bereich haben eines gemein: Sie richten sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, gegen unsere Werte, gegen die Menschenrechte. Kurz: Jeder von ihnen ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft, auf uns alle. Die Landesregierung geht deshalb noch entschlossener und noch geschlossener gegen Hass und Hetze jedweder Art vor – egal aus welcher Richtung sie kommen“, erklärte Minister Thomas Strobl.
Im vergangenen Jahr verzeichneten die Fallzahlen der Politisch motivierten Kriminalität einen Anstieg auf 4.965 (2020: 3.053) Fälle, darunter 222 Gewaltstraftaten. Dieser starke Anstieg ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sowohl die Landtags- und Bundestagswahlen 2021 als auch die Pandemie Tatanreize und Tatgelegenheiten für politisch motivierte Straftaten boten, die im Vorjahr nicht beziehungsweise noch nicht in dieser Form und Dimension existierten. In Verbindung mit dem Wahlkampfgeschehen wurden 1.586 Fälle erfasst, darunter größtenteils Sachbeschädigungen. 879 weitere Fälle stehen in Verbindung mit der Pandemie, darunter überwiegend Beleidigungen und Sachbeschädigungen.
Mit 883 Fällen zählt etwa jede sechste politisch motivierte Straftat in Baden-Württemberg zur Hasskriminalität. Hierunter fallen vorurteilsgeleitete Straftaten, die Täterinnen und Täter meistens aus einer Grundeinstellung der Ungleichwertigkeit heraus begehen. Hasskriminalität bezieht sich beispielsweise auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Herkunft. Somit richten sich diese Taten gegen ganze Menschengruppen.
„Bei uns leben Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Ethnien und Religionen mit ihren eigenen Lebensstilen, sexuellen Identitäten und Orientierungen. Diese Vielfalt gilt es zu schützen. Die Landesregierung geht daher entschlossen und schlagkräftig gegen Hass und Hetze, gegen gesellschaftliche Verrohung und gegen Ausgrenzung vor“, erläuterte Minister Thomas Strobl.
„Der Anstieg der Fallzahlen zeigt deutlich, dass die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität eine große Herausforderung bleibt. Dieser stellen sich unsere Sicherheitsbehörden, tagtäglich und konsequent, mit Expertise und Sorgfalt“, fasste Thomas Strobl zusammen.
„Die statistisch erfasste Hasskriminalität ist dabei leider nur die Spitze des Eisbergs. Mit dem eingeschlagenen Weg wollen wir nicht nur diese abschmelzen. Wir wollen, dass dieser Berg aus Hass und Hetze schmilzt – und zwar auch unterhalb der Oberfläche. Wir wollen also auch die Auswüchse, die sich im Verborgenen breitmachen, bekämpfen und anpacken. Ganz klar: Uns geht es nicht nur um eine statistische, sondern eine gesellschaftliche Kurskorrektur. Wir wollen kein Klima, in dem gesellschaftliche Spaltung, Extremismus, Antisemitismus, Verschwörungsideologien auch nur ansatzweise gedeihen können. Wehret den Anfängen!“, unterstrich der Minister.
Der fünfte Sicherheitsbericht ist unter nachfolgendem Link auf der Homepage des Ministeriums des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen abrufbar: https://bit.ly/3vUK6O9
Quelle: Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 14. März 2021