Zum Abkommen zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Krieg erklären Jürgen Trittin, Sprecher für Außenpolitik, und Lamya Kaddor, Stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Die Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas in diesem Gaza-Krieg ist ein Hoffnungsschimmer für Angehörige und Zivilist*innen auf beiden Seiten sowie ein wichtiger politischer Schritt. Die viertägige Feuerpause ermöglicht die Freilassung von 50 israelischen Geiseln im Austausch für 150 palästinensische Häftlinge, vorwiegend unter 19 Jahren sowie Frauen. Die Feuerpause ermöglicht es auch, die humanitäre Hilfe zu verstärken. Die Zahl von Lastwagen mit Essen, Medikamenten und dringend benötigtem Treibstoff wird erhöht.
Dazu hat auch die unermüdliche Pendeldiplomatie von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und anderer westlicher Topdiplomaten beigetragen. Sie drangen darauf, endlich dringend benötigte humanitäre Hilfe und Treibstoff für die Gesundheitsversorgung der dort lebenden Menschen und hunderttausender Vertriebener des stark zerstörten Gaza-Streifens zu liefern. Deutschland und die Europäische Union hatten wiederholt humanitäre Feuerpausen gefordert. Die intensiven Gespräche der Außenministerin in Ägypten und in den Golfstaaten haben zudem erreicht, dass bis heute 300 deutsche Staatsangehörige den Gaza-Streifen nach Ägypten verlassen konnten.
Das auf diplomatischem Weg Erreichte darf jetzt nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es muss als Startpunkt für weitere politische Verhandlungen genutzt werden, um alle Geiseln freizubekommen. Einen umfassenden Waffenstillstand kann es nur geben, wenn die terroristische Bedrohung Israels durch die Hamas beendet ist. Darauf aufbauend müssen alle Parteien, mit Hilfe arabischer und internationaler Partner, an einer politischen Zukunft des Nahen Ostens arbeiten, die einen Rückfall in Gewalt langfristig verhindert. Diese Verständigung muss eine Zwei-Staaten-Lösung zur Grundlage haben. Nur so gibt es nachhaltige Sicherheit für Israel und Palästina.
Eine politische Vereinbarung aber wird gefährdet durch die weiter ausufernde Gewalt militanter jüdischer Siedler im besetzten Westjordanland und der Vertreibung von Palästinenser*innen aus ihren Wohnorten. Annalena Baerbock hat die israelische Regierung zu Recht aufgefordert, die aktuelle Siedlungspolitik zu beenden. Die Eskalation der Gewalt der Siedler droht, den Gesamtkonflikt zu eskalieren.
Die terroristischen Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel und der dadurch ausgelöste israelische Gegenschlag im Gaza-Streifen mit einer sehr hohen Zahl auch ziviler Opfer haben die Realitäten im Nahen Osten verändert. Die Hamas hat die israelische Gesellschaft in eine existenzielle Krise gestürzt. Auch die Palästinenser*innen stehen vor dem Abgrund. Es muss nun ein neues Kapitel aufgeschlagen werden hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung mit zwei lebensfähigen Staaten in friedlicher Koexistenz. Auch sind Stimmen in Israel lauter geworden, die einerseits mehr Schutz vom israelischen Staat einfordern, aber zugleich ein Ende des Siedlungsbaus und eine Zwei-Staaten-Lösung als einzige realistische Alternative zum fragilen Status Quo.