Die 6. Große Strafkammer des Landgerichts München I als Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Dr. Andrea Wagner hat heute nach 7-tägiger Hauptverhandlung wegen banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetrugs bzw. Beihilfe hierzu sowie weiterer Delikte vier Angeklagte zu Gesamtfreiheitsstrafen von 2 Jahren 6 Monaten, 3 Jahren, 3 Jahren 6 Monaten und 4 Jahren 6 Monaten verurteilt.
Das Gericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Angeklagten, die jeweils eines oder mehrere Unternehmen in der Gastro- und Eventbranche führten, schlossen sich zu einer Bande zusammen und einigten sich auf ein betrügerisches Geschäftsmodell zur unberechtigten Vereinnahmung von Corona-Überbrückungshilfen. Zu diesem Zweck gründeten sie gemeinsam ein weiteres Unternehmen, das angeblich Hygieneprodukte, hygienefördernde Umbauten und Schulungsmaßnahmen verkaufen sollte. Mit Hilfe dieses Unternehmens stellten sie in großem Umfang Scheinrechnungen für Hygienemaßnahmen an eine Vielzahl von Unternehmen, darunter auch an ihre eigenen. Die Scheinrechnungen wurden dann von den jeweiligen Unternehmen bzw. ihren Geschäftsführern genutzt, um hohe Aufwendungen für Hygiene-, Umbau- und Schulungsmaßnahmen im Rahmen der Beantragung von staatlichen Corona-Hilfen vorzutäuschen und so hohe Auszahlungen der Staatskasse an die jeweiligen Unternehmen zu erlangen.
Ein weiterer Teil der Bandenabrede war, dass zwischen den von den Angeklagten geführten Unternehmen Scheinmietverträge geschlossen wurden. Auch diese Mietverträge dienten allein dem Zweck, im Rahmen der Beantragung von Corona-Hilfen höhere Ausgaben vorzutäuschen, um höhere Auszahlungen zu erhalten. Der Scheincharakter der diversen Geschäfte wurde durch ein aufwändiges Rechnungs- und Zahlungskarussell unter Einbindung weiterer Unternehmen verschleiert.
Die Angeklagten stellten dabei Anträge auf Überbrückungshilfe bei allen Programmen (Corona-Soforthilfe, Novemberhilfe, Dezemberhilfe, Überbrückungshilfen I, II, III, III Plus, IV), die der Staat zur Unterstützung von Gewerbetreibenden und Selbständigen während der Corona-Pandemie aufgelegt hatte. Das Antragsvolumen betrug insgesamt über 6 Mio. Euro, wovon 1,7 Mio. zur Auszahlung kamen. Die Angeklagten haben sich dabei teilweise in hohem Ausmaß persönlich bereichert. Zwei der Angeklagten nutzten die Hilfszahlungen beispielsweise zum Erwerb je eines Porsche.
Der äußerst komplexe und umfangreiche Sachverhalt konnte in nur 7 Hauptverhandlungstagen aufgeklärt waren, weil sich die Angeklagten geständig zeigten.
Dies hat die Kammer bei allen Angeklagten bei der Strafzumessung erheblich zu ihren Gunsten berücksichtigt. Bei zwei Angeklagten kam hinsichtlich einzelner Taten auch eine Strafrahmenmilderung wegen Aufklärungshilfe (§ 46b StGB) zur Anwendung. Zu Gunsten würdigte die Kammer darüber hinaus, dass keiner der Angeklagten vorbestraft war und sie sich um Schadenswiedergutmachung bemüht hatten.
Zu ihren Lasten wertete die Kammer die hohe kriminelle Energie, die insbesondere dadurch zum Ausdruck kam, dass für das betrügerische Geschäftsmodell spezielle Firmen gegründet wurden, wodurch es möglich wurde, im großen Ausmaß unberechtigte Corona-Hilfen nicht nur für die eigenen Firmen, sondern auch für Firmen Dritter zu generieren. Die staatlichen Hilfszahlungen seien überwiegend nicht zur Aufrechterhaltung eines laufenden Betriebs, sondern zur persönlichen Bereicherung erlangt worden.
Die Vorsitzende betonte, dass die Tatsache, dass staatliche Überbrückungshilfen vergleichsweise einfach zu erlangen waren und vorgesehene Sicherungssysteme – wie die Einschaltung von Steuerberatern als prüfenden Dritten – teilweise durch eigenes kriminelles Tun unterlaufen werden konnten, nicht zugunsten der Angeklagten gewürdigt werden konnte. Die Angeklagten hätten sich in einer akuten Notsituation, wo unbürokratische Hilfen ausdrücklich wünschenswert sind, auf Kosten der Allgemeinheit bereichert.
Die in unterschiedlicher Höhe verhängten Gesamtfreiheitsstrafen bzgl. der einzelnen Angeklagten erklären sich aus der unterschiedlichen Anzahl der jeweils verwirklichten Taten und persönlichen Strafzumessungserwägungen wie dem Maß der persönlichen Bereicherung.
Die Haftbefehle wurden nach Maßgabe des Urteils aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Gegen den Angeklagten S. war der Haftbefehl bereits zuvor außer Vollzug gesetzt worden, auch dieser Haftbefehl wurde nach Maßgabe des Urteils aufrechterhalten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Den Angeklagten und der Staatsanwaltschaft steht das Rechtsmittel der Revision zu, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
(c) LG München, 09.11.2023