Die Digitalisierung der Justiz soll weiter vorangetrieben werden – unter anderem mit dem Wegfall von erforderlichen Unterschriften, einem erleichterten Umstieg auf die E-Akte und weiteren Einsatzmöglichkeiten für Videoverhandlungen. Das sieht ein Referentenentwurf zur weiteren Digitalisierung der Justiz vor, den das Bundesministerium der Justiz heute veröffentlicht hat.
Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:
„Wir haben in der digitalen Kommunikation mit der Justiz schon viele Fortschritte erreicht. Immer noch notwendige Unterschriften mit Stift und Papier wirken hier wie Sand im Getriebe. Das ist nicht nur lästig, sondern sorgt auch für unnötigen Mehraufwand in der Verwaltung. Das ändern wir jetzt. Wer zum Beispiel über eine Internetwache eine Strafanzeige stellt, kann den Strafantrag gleich digital miterledigen. Und auch die digitale Kommunikation zwischen Mandanten, Anwaltschaft und Gerichten wird künftig weiter erleichtert. Damit entlasten wir die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Justiz. Den Ländern geben wir eine wichtige Starthilfe beim Umstieg auf die E-Akte. Mit der neuen Möglichkeit einer Hybridakte können sie bereits loslegen, ohne dass zuvor meterweise Altaktenbestände aufwändig digitalisiert werden müssen.“
Der Gesetzentwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:
- Digitale Strafanträge werden vereinfacht
Manche Straftaten werden nur verfolgt, wenn die geschädigte Person einen Strafantrag stellt (z.B. Sachbeschädigung, Beleidigung, Hausfriedensbruch). Ein solcher Strafantrag kann bislang nur schriftlich (also in der Regel mit Unterschrift auf Papier) oder elektronisch über einen sog. sicheren Übermittlungsweg gestellt werden. Künftig soll auch ein Strafantrag per E-Mail oder Online-Formular (z.B. bei einer Internetwache) möglich sein, wenn die Identität der antragstellenden Person und ihre Bitte um Verfolgung der Straftat eindeutig erkennbar werden.
Auch bei anderen Erklärungen im Strafverfahren, wie etwa der Einwilligung in eine DNA-Identitätsfeststellung, soll künftig eine Unterschrift entbehrlich sein. So wird im Zeitalter digitaler Aktenführung ein Ausdrucken und Wiedereinscannen vermieden.
- Elektronische Kommunikation wird erleichtert
Anträge oder Erklärungen von Mandantinnen und Mandanten können von der Anwaltschaft künftig als Scan an die Gerichte übermittelt werden. Zum elektronischen Einreichen von Schriftsätzen an das Gericht sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bereits seit 2022 verpflichtet. Soweit für eine Erklärung ihrer Mandanten allerdings verfahrensrechtlich die Schriftform angeordnet ist, müssen sie diese bislang in aller Regel in Papierform einreichen. Künftig soll es ausreichen, dass ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beispielsweise den unterschriebenen Insolvenzantrag ihres Mandanten als eingescanntes Dokument an das Gericht übermittelt. Das erleichtert die Kommunikation sowohl für die Anwaltschaft als auch für Mandantinnen und Mandanten.
Zudem soll die Kündigung durch einen elektronischen Schriftsatz (Schriftsatzkündigung) ermöglicht werden. Bislang erfüllen empfangsbedürftige Willenserklärungen, die elektronisch an das Gericht übermittelten Schriftsätzen enthalten sind, häufig nicht die Anforderungen an materielle Schriftformerfordernisse. Nun soll im Interesse einer medienbruchfreien digitalen Kommunikation die Schriftform als gewahrt gelten, wenn sie in einem Schriftsatz als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht und dem Empfänger übermittelt wird.
Auch die digitale Rechnungsstellung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten soll erleichtert werden. Indem auf eine Unterzeichnung der Berechnung verzichtet wird, können Rechnungen ohne Medienbrüche elektronisch erstellt und übermittelt werden.
Zudem soll die Kommunikation von Unternehmen mit der Justiz erleichtert werden. Dazu soll das Organisations-Konto des Unternehmens nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach angebunden werden können. Hierfür soll auch das Identifizierungsverfahren ELSTER zugelassen werden.
Im Insolvenzrecht wird die elektronische Forderungsanmeldung künftig in allen Verfahren möglich sein.
- Umstieg auf die elektronische Akte wird erleichtert
Ab dem 1. Januar 2026 müssen alle neu angelegten Akten in der Justiz elektronisch geführt werden. Derzeit pilotieren die Länder und der Bund die E-Akte. Akten, die aus elektronischen Teilen und Papierteilen bestehen (sog. Hybridakten), sind bislang grundsätzlich nicht erlaubt. Künftig sollen verschiedene Formen der Hybridaktenführung ermöglicht werden. So sollen vor allem bereits angelegte Papierakten elektronisch weitergeführt werden dürfen, um ressourcenintensive Scan-Arbeiten zur Digitalisierung der Altaktenbestände zu vermeiden und einen Umstieg auf die elektronische Akte zu vereinfachen.
- Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung per Videokonferenz wird ermöglicht
An der strafgerichtlichen Hauptverhandlung im Revisionsverfahren sollen künftig Angeklagte, Verteidigerinnen und Verteidiger sowie die Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft per Videokonferenz teilnehmen können, wenn sie dies beantragen. Dadurch können zeit- und ressourcenintensive Anreisen vermieden werden und die Hauptverhandlung kann flexibler terminiert und durchgeführt werden.
Der Gesetzentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 28. November 2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.
Den Gesetzentwurf finden Sie hier.
(c) BMJ, 25.10.2023