Mit Beschluss von heute hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück den Eilantrag, dem Landkreis Grafschaft Bentheim zu untersagen, die Eissporthalle in Nordhorn abzureißen, solange nicht über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens der Antragsteller zur Renovierung der Eissporthalle bestandskräftig entschieden ist, abgelehnt. Antragsteller waren die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, dessen Durchführung am 8. Juni 2023 beim Landkreis Grafschaft Bentheim beantragt und am 29. Juni 2023 vom Kreisausschuss abgelehnt worden ist. Die Fragstellung des Bürgerbegehrens lautete:
„Sind Sie dafür, dass die Eissporthalle in Nordhorn im Bestand (kein Neubau) schnellstmöglich saniert wird und damit diese wichtige Sport- und Freizeiteinrichtung gerade für Kinder und Jugendliche erhalten bleibt?“
Vorausgegangen war ein erster Bürgerentscheid vom 21. März 2021 („Sind Sie dafür, dass der Landkreis Grafschaft Bentheim die Eissporthalle in Nordhorn in der zurzeit bestehenden Größe schnellstmöglich saniert?“), der mehrheitlich positiv beantwortet wurde. Die kreiseigene Eissporthalle, die seit mehr als 40 Jahren dem regionalen und überregionalen Eissport zur Verfügung stand, war bereits seit August 2019 wegen des maroden Bauzustandes geschlossen. Die Sanierungskosten wurden zu dem Zeitpunkt (2019) auf ca. 5,6 Millionen € geschätzt. Nach dem positiven Bürgerentscheid im März 2021 wurden verschiedene Sanierungskonzepte erarbeitet (Kostenkalkulation bis zu 15,7 Millionen €, Neubau bis zu 17,4 Millionen €).
Am 7. Mai 2023 fand sodann ein zweiter Bürgerentscheid („Sind Sie dafür, dass der Landkreis Grafschaft Bentheim eine neue Eissporthalle am bestehenden Standort in Nordhorn errichtet?“) statt. Hierüber stimmte die Mehrheit negativ ab. Aufgrund dessen beschloss der Kreistag am 15. Juni 2023 weder am Vorhaben der Sanierung noch des Neubaus festzuhalten und die Eissporthalle zurückzubauen (ca. 460.000 € Auftragsvolumen).
Zuvor zeigte die von den Antragstellern vertretene Bürgerinitiative beim Antragsgegner unter dem 8. Juni 2023 an, ein Bürgerbegehren mit o.g. Fragestellung durchführen zu wollen. Nach Ablehnung durch den Antragsgegner wegen Unzulässigkeit haben die Antragsteller am 6. September 2023 einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Osnabrück beantragt. Zur Begründung führten sie an, dass der Kreistag den Rückbau beschlossen und keine Stillhaltezusage abgegeben habe. Daher sei die begehrte Anordnung zur Sicherung ihrer Rechte aus § 32 NKomVG erforderlich.
Dem Vorbringen folgte die Kammer nicht. Zwar seien die Antragsteller antragsbefugt und der Antrag bei Gericht gem. § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO insgesamt zulässig. Der Antrag sei jedoch unbegründet. So diene weder der Kreistagsbeschluss vom 15. Juni 2023, die Eissporthalle zurückzubauen, noch dessen eingeleiteter Vollzug, alleine dem Zweck, dem am 8. Juni angezeigten Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen. Dies sei allerdings notwendig, um eine bereits legitim beschlossene Maßnahme des Antragsgegners (Rückbau der Eissporthalle) auszusetzen. Dieser Beschluss sei auch nicht wegen des positiven Bürgerentscheids aus März 2021 rechtswidrig gewesen. So sei der erste verbindliche Bürgerentscheid („Sanierung“) nach Ablauf von zwei Jahren nicht länger einer Änderung oder Aufhebung entzogen gewesen (vgl. § 33 Abs. 6 NKomVG). Innerhalb dieser Frist habe der verbindliche Bürgerentscheid ausschließlich der Rechtskontrolle des Landrats sowie des Innenministeriums unterlegen. Einen subjektiven Anspruch auf Vollzug eines Bürgerentscheides gebe es nicht.
Es sei auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass das Antragsquorum (die erforderliche Anzahl der Unterschriften gem. § 32 Abs. 5 NKomVG) bei dem Antragsgegner hätte innerhalb von sechs Monaten vorgelegt werden können. Erst im Anschluss an die vollständige Feststellung der Zulässigkeit des Begehrens – u.a. fristgemäßes Antragsquorum – wäre die gesetzlich vorgesehene sog. Sperrfrist gem. § 32 Abs. 8 NKomVG in Kraft getreten, die mit dem gerichtlichen Eilantrag de facto bereits zu diesem Zeitpunkt begehrt werde.
Im Übrigen ist die Kammer davon ausgegangen, dass ein Anordnungsanspruch nicht vorliege, d.h. dass in einem Hauptsachverfahren überwiegende Erfolgsaussichten voraussichtlich nicht gegeben sein dürften. So sei die beabsichtigte Fragestellung unbestimmt formuliert und erfülle daher nicht die Voraussetzungen gem. § 32 Abs. 3 S. 1 und 2 NKomVG. Die Formulierung „im Bestand“ sei unpräzise. Es mangele an Deutlichkeit, auf welche Art und Weise die Sanierung nach dem Willen der Antragsteller erfolgen und die Eissporthalle erhalten bleiben solle. So sei das Ergebnis der nach dem ersten Bürgerentscheid in Auftrag gegebenen Planungsstudie offen gewesen. Auch die Begründung des angezeigten Bürgerbegehrens werde den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Es fehle angesichts der mit der Begründung verfolgten Informationsfunktion an der grundsätzlichen Wiedergabe entscheidender rechtlicher und tatsächlicher Gesichtspunkte. Weder sei ansatzweise die Ausgangslage dargelegt worden noch die aktuelle Ausgestaltung der Eissporthalle. Schließlich sei nicht erkennbar, welche Verwirklichung sich die Antragsteller von ihrem Sanierungswunsch im Bestand erhoffen.
Der Beschluss (5 B 149/23) ist noch nicht rechtskräftig. Er kann zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.
(c) VG Osnabrück, 17.10.2023