Der saarländische Justizstaatssekretär Roland Theis hat heute der Landespressekonferenz (LPK) ein umfangreiches Maßnahmenbündel für Verbesserungen beim Kinder- und Opferschutz vorgestellt. Opfer von Straftaten erhalten mit einer neuen Beauftragten für kindgerechte Justiz und Opferschutz eine zentrale Ansprechpartnerin und damit bessere Unterstützung bei der Wahrnehmung ihrer Interessen. Neben der kindgerechteren Ausgestaltung der Justiz bei kindlichen Verfahrensbeteiligten, für die die Beauftragte ebenfalls beratend zur Seite steht, werden auch Strukturen zur institutionalisierten Berücksichtigung der Perspektive betroffener Kinder ausgebaut. Nicht zuletzt setzt sich das Saarland auch dafür ein, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen im strafrechtlichen Schutz von Kindern verbessert werden. Staatssekretär Roland Theis: „Wir müssen den Schutz von Kindern und Opfern als ständige Aufgabe, sozusagen als Auftrag, verstehen und erfüllen. Deshalb bedarf es entsprechender Organisation, Strukturen und auch Gesetze. Ein Dreiklang, zu dem ich beitragen möchte.“

Kürzlich hat der Minister der Justiz Frau Agata Schubert zur Beauftragten für kindgerechte Justiz und Opferschutz beim Ministerium der Justiz des Saarlandes berufen. Sie ist zentrale Anlaufstelle für Minderjährige, soweit diese Beteiligte oder Betroffene gerichtlicher Verfahren sind, für Opfer von Straf- und Gewalttaten sowie Betroffene von Großschadensereignissen (terroristische Anschläge, Naturkatastrophen und Unglücke größeren Ausmaßes mit Personenschäden) und deren jeweilige Angehörige und Hinterbliebene. Hierdurch werden Opfer in der Wahrung ihrer Interessen und der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt. Außerdem steht die Beauftragte dem Ministerium wie auch der Justiz bei Fragen der kindgerechteren Ausgestaltung der Justiz bei kindlichen Verfahrensbeteiligten als unabhängige Beraterin zur Seite.

Staatssekretär Theis weiter: „Wenn wir Expertise und Sensibilität im Umgang mit Opfern von Straftaten und Kindern fordern, darf diese Forderung schließlich auch nicht vor denen Halt machen, die politische Verantwortung tragen. Wir waren in der Vergangenheit wiederholt in ganz konkreten Einzelfällen mit Fragestellungen und Sachverhalten befasst, bei denen rechtliche Entscheidungen die Rechte und Interessen von Kindern unmittelbar berührten. Dabei hatte ich das Glück, gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium der Justiz jeweils einzelfallbezogen eine bewusste Reflektion der Opfer- und Kindesinteressen vorzunehmen zu können. Eine solche Reflektion möchte ich jedoch strukturell sicherstellen.“ Daher sind im Ministerium der Justiz Strukturen geschaffen worden, um in Verfahren, in denen Rechte oder Interessen von Kindern betroffen sind, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Entscheidungen zu treffen, die neben juristischer Expertise ausdrücklich interdisziplinär auch die psychologische und sozialpädagogische Bewertung der einzelnen Handlungsoptionen und deren Folgen in Bedacht nehmen. Aus diesem Grund wurde die ministerielle Fachaufsicht personell um psychologische und sozialpädagogische Expertise ergänzt. Hierdurch sollen Entscheidungen im Rahmen der Fachaufsicht auf der Basis einer ganzheitlichen Betrachtung getroffen werden.

Schließlich betont Staatssekretär Theis: „Strukturen und handelnde Personen können aber ihren Auftrag nur dann sachgerecht erfüllen, wenn auch die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen! Deshalb setzen wir als Saarland uns – auch mit eigenen Initiativen im Bundesrat – für eine Verbesserung der Rechtslage beim strafrechtlichen Kinderschutz ein. Hier haben die Reformen der vergangenen Legislatur nicht hinnehmbare Lücken gelassen!“ Hierfür hat die saarländische Landesregierung auf Initiative des Ministeriums der Justiz einerseits die Forderung des Bundesrats, Verurteilungen wegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie dauerhaft im sogenannten erweiterten Führungszeugnis auszuweisen, erneuert. Hierdurch soll Vereinen, Arbeitgebern und Institutionen in der Jugendarbeit die Möglichkeit verschafft werden, einschlägig vorbestrafte Straftäter vom beruflichen und ehrenamtlichen Umgang mit Kindern dauerhaft fernzuhalten. Zum anderen hat die saarländische Landesregierung heute beschlossen, eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einzubringen, mit der die Betreiber von Plattformen im Internet zur Verbreitung von Kinderpornographie dem enorm hohen Unrecht angemessen bestraft werden können.

Hintergrund:

Zur Person der Beauftragten für kindgerechte Justiz und Opferschutz:

Frau Agata Schubert ist Psychologin (Master of Science), Fachpsychologin für Rechtspsychologie und Diplom-Juristin. Durch ihre Arbeit in eigener Praxis und als Geschäftsführung einer Jugendhilfeeinrichtung sowie durch die Tätigkeit als Sachverständige im rechtspsychologischen Bereich verfügt sie über langjährige, auch praktische Erfahrung in dem vielfältigen Themengebiet der kindgerechten Justiz und des Opferschutzes.

Die Beauftragte für kindgerechte Justiz und Opferschutz ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Die Tätigkeit der Beauftragten ist ein öffentliches Ehrenamt.

Die Berufung der Beauftragten erfolgt widerruflich für die Dauer von vier Jahren durch den Minister der Justiz. Eine erneute Berufung ist möglich.

Zu den Gesetzesinitiativen des Saarlandes:

  1. Zeitlich unbegrenzte Aufnahme von Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. in das erweiterte Führungszeugnis

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat der Bundesrat auf Antrag der Länder Baden-Württemberg, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Bayern den „Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes – Zeitlich unbegrenzte Aufnahme von Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, u. a. in das erweiterte Führungszeugnis“ einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht, wonach rechtskräftige Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie Kinderpornographiedelikten dauerhaft im sogenannten erweiterten Führungszeugnis aufgeführt werden sollen.

Dieses spezielle Führungszeugnis wurde 2010 eingeführt, um Personen, die wegen bestimmter Straftaten zum Nachteil von Minderjährigen rechtskräftig verurteilt worden sind, vom Umgang mit Minderjährigen auszuschließen. Dementsprechend wird ein erweitertes Führungszeugnis erteilt, wenn es benötigt wird für „eine berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger“ oder eine Tätigkeit, die in vergleichbarer Weise geeignet ist, Kontakt mit Minderjährigen aufzunehmen. Es dient dazu, Behörden, Vereinen und Arbeitgebern, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen tätig sind, bei entsprechenden Bewerbern die Kenntnis von den einschlägigen Vorstrafen zu verschaffen und diese – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 72a des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) vom beruflichen oder ehrenamtlichen Umgang mit Kindern auszuschließen.

Der Gesetzentwurf des Bundesrats war in der vergangenen Legislaturperiode vom Deutschen Bundestag nicht behandelt worden und ist daher der Diskontinuität anheimgefallen. Das Anliegen wurde auch in dem „Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ nur unzureichend aufgegriffen: Dort sind zwar Tilgungsfristen in diesem Deliktsbereich moderat verlängert worden, eine dauerhafte Speicherung und Wiedergabe im erweiterten Führungszeugnis ist indes – insofern erst im parlamentarischen Verfahren – nur bei besonders schwerenTaten (nur bei schwerem sexuellen Missbrauch, also etwa dem Vollzug des Beischlafs mit einem Kind) und hohen Strafen (mindestens 5 Jahre Freiheitsstrafe bei Ersttätern, mindestens 3 Jahre Freiheitsstrafe, wenn zwei Verurteilungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs im Register eingetragen sind) geregelt worden.

Durch die Wiedereinbringung des Gesetzentwurfs auf gemeinsamen Antrag der Länder Baden-Württemberg und Saarland sollen die hier weiter verbleibenden Schutzlücken geschlossen werden, wonach etwa rechtskräftige Verurteilungen wegen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu vier Jahren Freiheitsstrafe weiterhin (in diesem Fall nach 24 Jahren) aus dem Zentralregister getilgt werden, dadurch im erweiterten Führungszeugnis nicht mehr ausgewiesen werden und der Verurteilte nicht mehr wirksam vom beruflichen oder ehrenamtlichen Umgang mit Kindern ausgeschlossen werden kann.

Die saarländische Landesregierung hat die Wiedereinbringung bereits im Februar beschlossen, der Antrag ist zwischenzeitlich bereits dem Bundesrat zugeleitet und steht für den kommenden Freitag, dem 11. März 2022, auf der Tagesordnung der Plenarsitzung des Bundesrats.

  • Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornographie durch Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornographie durch Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet“, den die saarländische Landesregierung am heutigen Tage beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet hat, sieht die Schaffung eines eigenen Qualifikationstatbestandes in der Vorschrift zur Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet (§ 127 des Strafgesetzbuchs – StGB) vor speziell für den Betrieb von Plattformen, die der Verbreitung von Kinderpornographie dienen.

Hierfür sieht der Entwurf eine Mindeststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe vor. Darin spiegelt sich der besonders hohe Unrechtsgehalt derartiger Taten wider, der sich daraus ergibt, dass die Betreiber derartiger Foren den maßgeblichen „Marktplatz“ für den Austausch von Kinderpornographie schaffen, den Kontakt zwischen Gleichgesinnten erleichtern, die massenhafte und weltweite Verbreitung kinderpornographischer Inhalte ermöglichen, die Nachfrage nach immer neuem Material anheizen und damit den Nährboden für Missbrauchstaten an Kindern bereiten.

Auch nach verschiedenen Reformen in der vergangenen Legislaturperiode des Bundestags, einerseits im Bereich der Kinderpornographiedelikte durch das „Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“, andererseits durch die Einführung des neuen Straftatbestandes des § 127 StGB durch das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet“ werden diese Taten – trotz entsprechender Stellungnahmen des Bundesrats, die auf diese Problematik hingewiesen hatten – vom geltenden Recht noch nicht hinreichend präzise erfasst. Denn § 127 StGB sieht bisher im Grundtatbestand einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, in der schärfsten bisher vorgesehenen Qualifikation einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, was dem Strafrahmen für das einfache Verbreiten kinderpornographischer Inhalte entspricht. Selbst der bloße Besitz nur eines einzigen kinderpornographischen Inhalts ist mit derselben Mindeststrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht.

Die gemeinsame Bundesratsinitiative mit der bayerischen Staatsregierung wurde am heutigen Tage dem Bundesrat zugeleitet und soll ebenfalls bereits am kommenden Freitag, dem 11. März 2022, im Bundesratsplenum vorgestellt werden.

Quelle: Ministerium der Justiz des Saarlandes, Pressemitteilung vom 8. März 2022

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