Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) im September Anklage gegen den 41-jährigen mutmaßlichen Gründer und Inhaber eines international operierenden Firmengeflechts, das ausnahmslos dem illegalen Handel mit Arzneimitteln gedient haben soll, erhoben. Ebenfalls angeklagt ist ein 38- jähriger mutmaßlicher Mittäter. Vorangegangen waren umfangreiche Ermittlungen des Zollfahndungsamts München und der ZCB, im Rahmen derer es unter anderem bereits am 13.10.2020 zu einer Vollstreckung von fünf Durchsuchungsbeschlüssen und zwei Haftbefehlen kam. Allein in Deutschland waren seinerzeit 100 Zollfahnder, Staatsanwälte und IT-Spezialisten im Einsatz waren.
Mit der Anklage wird beiden Angeschuldigten jeweils u. a. gemeinschaftliches Handeltreiben mit Arzneimitteln, im Fall des Hauptangeschuldigten in insgesamt knapp 477.000 Fällen zur Last gelegt. Gegen den Hauptangeschuldigten wird zudem der Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels in nahezu 475.000 Fällen erhoben. Beide Angeschuldigte müssen sich vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München I verantworten.
Der 41-jährige Hauptangeschuldigte soll bereits ab dem Jahr 2013 ein weltweites Firmenkonstrukt mit Sitzen in Singapur, Hong Kong, den British Virgin Islands und München aufgebaut haben, um hierüber gemeinsam mit weiteren, teils noch unbekannten Mittätern über das Dreh- kreuz Singapur einen weltweiten illegalen Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu betreiben.
Dieses Firmenkonstrukt soll dem Hauptangeschuldigten insbesondere dazu gedient haben, um mit weiteren in diesem Geschäftsfeld tätigen, international agierenden Gruppierungen in Kontakt zu treten und sich mit diesen zur gemeinsamen Tatbegehung zusammenzuschließen. Konkret wird ihm in der mehr als 400 Seiten umfassenden Anklageschrift zur Last gelegt, im Zeitraum vom 04.02.2017 bis zum 04.11.2020 im Zusammenwirken mit weiteren Täter-Organisationen illegale, nicht zugelassene beziehungsweise verschreibungspflichtige Medikamente auf entsprechende Kundenbestellungen hin weltweit versandt und hierbei in diesem Zeitraum einen Gewinn von mehr als 9 Millionen Euro erzielt zu haben.
Daneben sollen die beiden Angeschuldigten mehrere Onlineshops gemeinsam betrieben ha- ben, über die sie ebenfalls illegal Arzneimittel versandt haben sollen. Insgesamt soll es hier nach dem Anklagevorwurf zu mehr als 4.000 Versendungen in demselben Zeitraum gekommen sein.
Über das Firmenkonstrukt sollen insgesamt mehr als 588 Millionen Stück Medikamente versandt worden sein. Vorrangig soll es sich um Potenz- und Abnehmpillen, Antibiotika und Medikamente gegen Krebs gehandelt haben.
Ermöglicht wurde die Aufklärung und Aufbereitung dieser Tatvorwürfe zum einen durch die aufwendige Ermittlungsarbeit des Zollfahndungsamts München und die sich hieran anschließende akribische Auswertung aller gesicherten Datenbestände und zum anderen insbesondere durch den Informationsaustausch mit den US-amerikanischen Behörden und EUROPOL sowie die enge Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden in Spanien und England. Den Ermittlungsbehörden ist es zudem gelungen, Vermögenswerte im Wert von mehr als 1,2 Millionen Euro zu sichern.
Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss jetzt eine Wirt- schaftsstrafkammer des Landgerichts München I entscheiden.
Für das unerlaubte Handeltreiben mit Arzneimitteln sieht das Gesetz in besonders schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor.
(c) GenStA Bamberg, 27.09.2023