Am 18. Juni 2019 kam es zu einem tragischen Unfall in einem Waldpädagogikzentrum im Landkreis Diepholz: Schüler einer fünften Klasse eines Gymnasiums aus Wolfsburg spielten dort mit einer Lore, die auf einem Schienenstrang abgestellt war und bewegt werden konnte. Die Kinder schoben sie in beide Richtungen. Dabei stürzte ein elfjähriger Junge, geriet unter die rund 400 kg schwere Lore und wurde getötet.
Die Staatsanwaltschaft Verden hat eine leitende Angestellte des Waldpädagogikzentrums sowie den ehemaligen Leiter des Forstamtes Nienburg, dem die Aufsicht über das Waldpädagogikzentrum oblag, am 23. Februar 2023 wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Sie hätten keine geeigneten Schutzvorkehrungen getroffen und das Spielen mit der Lore auch nicht verboten.
Das Landgericht Verden hat diese Anklage nach Durchführung weiterer Ermittlungen insoweit nicht zur Hauptverhandlung zugelassen, als sie sich gegen den damaligen Leiter des Forstamtes Nienburg richtet. Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Verden sofortige Beschwerde eingelegt.
Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle hat diese Entscheidung des Landgerichts Verden mit Beschluss vom 7. September 2023 bestätigt und die Beschwerde zurückgewiesen (Az.: 2 Ws 244/23). Auf der Grundlage des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen sei es nicht wahrscheinlich, dass der damalige Leiter des Forstamtes verurteilt werde. Gegen ihn bestehe deshalb kein sog. hinreichender Tatverdacht, der Voraussetzung dafür ist, eine Hauptverhandlung durchzuführen.
Zwar betont der Senat, dass der Eigentümer eines Grundstücks Verkehrssicherungspflichten hat, wenn von seinem Eigentum erkennbare Gefahren für Dritte ausgehen. Diese Pflichten sind zum Schutz von Kindern sogar gesteigert: Wo ein besonderer Anreiz für den kindlichen Spieltrieb besteht, müsse einer Gefahr, die das Kind nicht erkennen kann, durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen begegnet werden. Diese Verkehrssicherungspflichten seien nach dem Ergebnis der Ermittlungen aber wirksam der Hausleitung des Waldpädagogikzentrums übertragen worden. Die Hausleitung musste zwar sorgfältig ausgewählt, angeleitet und kontrolliert werden. Verstöße gegen diese verbleibenden Pflichten des übergeordneten Leiters des Forstamtes Nienburg hätten sich nach den bisherigen Ermittlungen aber nicht ergeben. Insbesondere beinhalte eine Kontrollpflicht gerade nicht die Pflicht, die übertragene Aufgabe selbst vorzunehmen. Der Leiter des Forstamtes in Nienburg musste die Verkehrssicherheit des Außengeländes des Waldpädagogikzentrums deshalb auch nicht selbst prüfen. Er musste die Gefahr nicht selbst erkennen und beseitigen, solange er keine Hinweise auf eine mangelhafte Aufgabenerfüllung durch die leitende Angestellte des Waldpädagogikzentrums oder auf die konkret von der Lore ausgehende Gefahr hatte.
Die gegen die damalige leitende Angestellte des Waldpädagogikzentrums gerichtete Anklage hatte das Landgericht Verden zur Hauptverhandlung zugelassen. Das gegen sie gerichtete Hauptverfahren wird dort durchgeführt.
Der Beschluss des Senats ist rechtskräftig.
(c) OLG Celle, 14.09.2023