Hessens Justizminister Roman Poseck begrüßte heute in Gießen anlässlich eines Festakts zum 70-jährigen Bestehen der hessischen Ortsgerichte rund 250 Vertreterinnen und Vertreter hessischer Ortsgerichte sowie weitere Ehrengäste. Im Rahmen einer Feierlichkeit wurde die wichtige Arbeit der Ortsgerichte sowie deren hohe Bedeutung als Gesicht der hessischen Justiz in der Fläche gewürdigt und mit namhaften Persönlichkeiten aus Politik und Justiz erörtert. Nach der Begrüßung durch Justizminister Roman Poseck und durch die Vizepräsidentin des Hessischen Landtages, Heike Hoffmann, richteten Mitglieder aller Fraktionen des Hessischen Landtages Grußworte an die Ortgerichtsvertreterinnen und -vertreter. Der Präsident des Oberlandesgerichts Dr. Alexander Seitz moderierte im Anschluss eine Gesprächsrunde und übergab das Schlusswort an Herrn Wacker, den Vorsitzenden des Verbandes Hessischer Ortsgerichte e.V. Ein Erfahrungsaustausch rundete die Veranstaltung ab.

Justizminister Roman Poseck führte im Rahmen des Festakts des 70-jährigen Jubiläums der Ortsgerichte aus: „Es ist mir eine besondere Freude, heute über 250 Vertreterinnen und Vertreter von Ortsgerichten aus ganz Hessen begrüßen zu können. Es freut mich auch, dass Ihnen zu Ehren so viele Gäste aus Justiz und Politik der Einladung gefolgt sind. Wir sind heute zusammengekommen, um das 70-jährige Bestehen der Ortsgerichte zu feiern. Am 1. Januar 1953 ist das Ortsgerichtsgesetz für Hessen in Kraft getreten. Seither sind die derzeit rund 900 Ortsgerichte fester Bestandteil des Rechtsstaats in Hessen. Sie sind deutschlandweit einzigartig. Als Hilfsbehörden der Justiz sind Ortsgerichte unter anderem für die Sicherung des Nachlasses, Schätzungen und für Beglaubigungen von Unterschriften und Abschriften zuständig. Da es in jeder hessischen Gemeinde mindestens ein Ortsgericht gibt, sind sie für die Bürgerinnen und Bürger eine wichtige wohnortnahe Hilfestellung und vor Ort ein kompetenter Ansprechpartner. Mit ihrer Arbeit und Verankerung vor Ort tragen die Ortsgerichte erheblich zur Stärkung und Versorgung des ländlichen Raums in Hessen bei. Die Ortsgerichte sichern eine flächendeckende und kostengünstige Versorgung mit wichtigen Dienstleistungen des Rechtsstaats. Sie sind ein Alleinstellungsmerkmal in Hessen und ein Glücksfall für die Menschen in unserem Bundesland.“

Der Minister hob in seiner Rede auch die Bedeutung des Ehrenamtes für die Ortsgerichte hervor: „Die Ortsgerichtsmitglieder sind Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamte und werden auf Vorschlag der Gemeinde von der Leitung des zuständigen Amtsgerichts ernannt. Zu Ortsgerichtsmitgliedern dürfen nur Personen berufen werden, die allgemeines Vertrauen genießen, lebenserfahren und unbescholten sind. Das Ehrenamt steht für eine gelebte Demokratie und ist von unschätzbarem Wert für eine funktionierende Gesellschaft. Ortsgerichtsmitglieder sind ein wichtiges Bindeglied zwischen amtlichen Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern. Für ihr großes Engagement möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Ich freue mich, diesen Dank heute so vielen Ortsgerichtsmitgliedern stellvertretend für alle Anderen persönlich übermitteln zu können.“

Durch eine geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Dezember 2019, die der Bundesgesetzgeber später verbindlich festschrieb, wurde die Verwertbarkeit ortsgerichtlicher Schätzgutachten gegenüber Finanzämtern in Frage gestellt. „Die Regierungsfraktionen von CDU und Bündnis90/Die Grünen sowie die oppositionelle SPD im Hessischen Landtag haben mit einem gemeinsamen Änderungsantrag zum Ortsgerichtsgesetz eine pragmatische Lösung gefunden, um auch künftig für Rechtssicherheit und ein angemessenes Aufgabengebiet im Interesse der Ortsgerichte zu sorgen. In der Plenarsitzung im Juni wurde aufgrund einstimmiger Entscheidung des Hessischen Landtags gesetzlich geregelt, dass Grundstücksschätzungen der Ortsgerichte als Gutachten von Personen, die von einer staatlichen Stelle als Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind, gelten. Dadurch wird sichergestellt, dass Grundstückswertschätzungen der Ortsgerichte auch künftig zur Vorlage beim Finanzamt geeignet sind. Diese Entscheidung des Gesetzgebers bedeutet eine Stärkung der Ortsgerichte, die die Schätzgutachten schon zuvor in aller Regel kompetent und kostengünstig erstattet hatten. 

Dieser Schritt fügt sich ein in die Vielzahl an Maßnahmen, mit denen das Land Hessen die ehrenamtlich tätigen Ortsgerichtsmitglieder unterstützt. Wir haben zum 1. Januar 2023 die Gebühren für die Ortsgerichte um durchschnittlich 20 Prozent angehoben. Diese erhöhten Gebühren erhalten die Ortsgerichtsmitglieder wie bisher in vollem Umfang als Dienstaufwandsentschädigung. Zudem sind wir mit den Kommunalen Spitzenverbänden in Gesprächen, um die IT-Ausstattung der Ortsgerichte zu verbessern. Ich bin sicher, dass die hessischen Ortsgerichte vor einer guten Zukunft stehen. Sie sind unverzichtbar. Der hessische Gesetzgeber hat vor 70 Jahren eine weise Entscheidung getroffen. Wir werden alles dafür tun, die Ortsgerichte in eine gute Zukunft zu führen. Ein passendes Aufgabengebiet, weiterhin so engagierte Ehrenamtliche, ein Verzicht auf überbordende Bürokratie und eine intensive Nachwuchswerbung sind der Schlüssel für eine gute Zukunft der hessischen Ortsgerichte. Dafür sollten wir gemeinsam und über Parteigrenzen hinweg auch weiter intensiv arbeiten“, erklärte Justizminister Roman Poseck abschließend.

(c) HMdJ, 29.08.2023

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