Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat heute in zwei Eilverfahren die Beschwerden des Trägervereins der Freien Dorfschule Lübeck (Antragsteller) gegen die Beschlüsse des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts, mit denen die vom Bildungsministerium verfügte sofortige Schließung der Schule und die Einstellung der Zahlung von Zuschüssen bestätigt wurden,zurückgewiesen (Az. 3 MB 11/ 23 und 3 MB 9/23).
Das Verwaltungsgericht hatte seine Entscheidung zur Schließung der Schule unter anderem damit begründet, dass der Antragsteller entgegen den Vorgaben des Grundgesetzes für die Genehmigung von privaten Schulen hinsichtlich seiner Lehrziele hinter den öffentlichen Schulen zurückstehe. Die von der Verfassung vorgegebenen schulischen Erziehungsziele seien durch den beim Antragstellerstattfindenden Onlineunterricht in „digitalen Klassenräumen“, durch häusliche Projekte oder durch sonstige außerschulische Lernorte ohne Anwesenheit einer Lehrkraft nicht in gleichem Maße wie bei physischer Anwesenheit in der Schule zu erreichen.
Das Oberverwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichts keine überzeugenden Argumente entgegengesetzt habe. Die aus dem Grundgesetz folgenden Erziehungsziele seien auch für Privatschulen verbindlich. Es sei Aufgabe des Schulsystems, allen Kindern und Jugendlichen gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen. So solle ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft umfassend gefördert und unterstützt werden. Dies geschehe grundsätzlich durch die erzieherischangeleitete und begleitete Interaktion der Schülerinnen und Schüler im Klassenverband. Die Präsenz in einer heterogen zusammengesetzten Schule führe dazu, dass die Kinder und Jugendlichen mit einer Vielzahl von anderen Meinungen und für sie ungewohnten Verhaltensweisen konfrontiert würden und trage damit entscheidend zur Fähigkeit bei, sich als Erwachsener in einer pluralistischen Gesellschaft zurecht zu finden.
Indem die Freie Dorfschule die Anwesenheit an einem beliebigen Ort außerhalb des Schulgeländes unter Betreuung durch eine online verfügbare Lehrkraft ausreichen lasse, laufe die Unterrichtsgestaltung für die Schülerinnen und Schüler auf eine Art Heim- und Hausunterricht hinaus. Dieser sei mit den staatlichen Erziehungszielen grundsätzlich nicht vereinbar. Die Interaktion der Schülerinnen und Schüler miteinander sei damit nicht etwa nur anders organisiert als an öffentlichen Schulen, sondern in dieser Form schlicht überhaupt nicht gewährleistet. Auch könne der Antragsteller nicht im Rahmen seiner Privatschulfreiheit den staatlichen Erziehungsauftrag nach eigenem Gutdünken durch seinerseits für wünschenswert gehaltene Erziehungsziele ersetzen und seine Form der Unterrichtsgestaltung damit rechtfertigen.
Hinsichtlich der Einstellung der Zahlung von Zuschüssen stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass der Antragsteller nicht dargelegt habe, dass ihm kurzfristig die Zahlungsunfähigkeit drohe. Schon deshalb gebe es keinen Grund dafür, das Ministerium im Eilverfahren zu verpflichten, die Zuschüsse weiter zu zahlen. Rechtsschutz gegen die Schließungsanordnung könne der Antragstellerauch während eines Insolvenzverfahrens erlangen.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
Die Hauptsacheverfahren sind weiterhin beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht anhängig
(c) OVG Schleswig-Holstein, 23.08.2023