Die Bundesregierung hat heute den Entwurf für das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (sog.  Selbstbestim­mungs­gesetz) beschlossen. Damit ist der Weg frei für die parlamentarischeBeratung des Gesetzentwurfs, den Bundes­familienministerin Lisa Paus und Bundesjustizminister Marco Busch­mann vorgelegt haben. Das Selbstbestim­mungs­gesetz soll es einfacher machen für transgeschlechtliche, interges­chlecht­liche und nichtbinäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Per­son­en­stands­register und ihre Vornamen ändern zu lassen. Es soll das in wesent­­lichen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ablösen.

Hierzu erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann:

„Das Selbstbestimmungsgesetz ist Ausdruck einer Politik, für die die Grundrechte an erster Stelle stehen. Alle Menschen haben ein Recht darauf, dass der Staat ihre geschlechtliche Identität achtet. Und um dieses Menschenrecht geht es uns. Das geltende Recht schikaniert transgeschlechtliche Menschen. Wir wollen diesen unwürdigen Zustand be­en­den – und zeitgemäße Regeln für die Änderung des Geschlechtsein­trags schaffen, wie andere Länder sie längst haben. Der heutige Beschluss im Bundeskabinett hat uns diesem wichtigen Ziel ein großes Stück näher- gebracht. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass auch der Deutsche Bundes­tag diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. Denn wir haben den Entwurf gründ­lich vorbereitet. Vertragsfreiheit und Hausrecht bleiben gewahrt – so wie es in einer liberalen Rechtsordnung selbstverständlich ist. Möglich­keiten des Missbrauchs – und seien sie noch so fernliegend – haben wir ausgeschlos­sen. Es ist ein Entwurf, der die Interessen der gesamten Gesell­schaft in den Blick nimmt. Und es ist ein Entwurf ganz im Geist des Grund­­gesetzes. Wenn unser Staat trans- und intergeschlechtliche Men­schen endlich mit Respekt behandelt – dann ist das ein Gewinn für alle.“

Bundesfamilienministerin Lisa Paus erklärt dazu:

„Die Verabschiedung des Entwurfs zum Selbstbestimmungsgesetz durch das Bundeskabinett ist ein großer Moment für trans* und inter­geschlechtliche Menschen in Deutschland. Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Achtung der geschlechtli­chen Identität. Trotzdem wurden die Betroffenen mehr als 40 Jahre lang durch das Transsexuellengesetz diskriminiert. Damit ist jetzt endlich Schluss. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz verwirklichen wir das Recht jedes Menschen, in seiner Geschlechtsidentität geachtet und respektvoll behandelt zu werden. Das Selbstbestimmungsgesetz dient dem Schutz lang diskriminierter Minderheiten und ist ein gesellschaftspolitischer Fortschritt. Dafür steht diese Bundesregierung.“

Das Selbstbestimmungsgesetz betrifft vornehmlich das Verfahren, mit dem trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen eine Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihre Vornamen bewirken können. Das Gesetz soll keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen treffen.

Die wesentlichen Regelungsinhalte des Entwurfs sind wie folgt:

  • Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen durch „Erklä­rung mit Eigenversicherung“: Um eine Änderung ihres Ge­schlechts­eintrags und ihrer Vornamen im Personenstandsregister zu be­wirken, sollen trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Men­schen künftig kein gerichtliches Verfahren mehr durchlaufen müs­sen. Auch die Einholung von Sachverständigengutachten soll keine Voraus­setzung mehr für eine Änderung sein. Ausreichend hierfür soll vielmehr eine sogenannte „Erklärung mit Eigenversicherung“ gegen­über dem Standesamt sein. In der Erklärung hat die antrags­stellende Person zu versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Ge­schlechtsidentität am besten entspricht und ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.
  • Drei-Monats-Frist für vorherige Anmeldung: Die Änderung des Ge­schlechts­eintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklä­rung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden.
  • Einjährige Sperrfrist für erneute Änderung: Für eine erneute Ände­rung soll eine Sperrfrist von einem Jahr nach der vorherigen Änderungs­erklärung gelten.
  • Für Minderjährige sollen folgende Regelungen gelten:
    • Für Minderjährige bis 14 Jahren sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben können; die Minderjähri­gen sollen sie nicht selbst abgeben können.
    • Minderjährige ab 14 Jahre sollen die Änderungserklärung selbst abgeben können. Deren Wirksamkeit soll allerdings die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraussetzen. Die Zu­stimm­ung soll durch das Familiengericht ersetzt werden kön­nen. Maßstab dabei soll – wie im Familienrecht allgemein – das Kindeswohl sein. 
  • Eintragung als „Elternteil“ in der Geburtsurkunde: Eltern soll die Eintragung „Elternteil“ anstelle von „Vater“ oder „Mutter“ in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.
  • Offenbarungsverbot: Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es – ähnlich wie im geltenden Recht – auch künftig ver­boten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszufor­schen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenba­rung absichtlich geschädigt, so soll der Verstoß bußgeld­bewehrt sein. Ein generelles Verbot des sogenannten „Misgenderns“ oder „Deadnamings“ ist im Entwurf für das Selbstbestimmungs­gesetz nicht geregelt.  Es wurden auch Ausnahmen vom Offen­barungs­verbot geregelt. So ist sichergestellt, dass niemand sich durch Ände­rung des Geschlechtseintrags und seines Vornamens der Strafver­­fol­gung entziehen kann.
  • Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten: Das Selbst­bestimmungsgesetz wird das private Hausrecht und die Vertrags­freiheit unberührt lassen. Dies ist im Gesetzestext klargestellt. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird vom Selbst­bestimmungsgesetz nicht berührt werden. Hinsichtlich des Zugangs zu geschützten Räumen wird sich durch das Selbst­bestimmungs­gesetz also nichts ändern. Was heute im Rechtsverkehr zu­lässig ist, das wird auch künftig zulässig sein, was heute verboten ist, wird verboten bleiben. Auch die Autonomie des Sports soll durch das Gesetz nicht angetastet werden.

Den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) finden Sie hier.Ein FAQ-Dokument finden Sie hier.

(c) BMJ, 23.08.2023

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