Das Landgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 15. August 2023 einen Antrag von Till Lindemann auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Shelby Lynn zurückgewiesen. In dem Verfahren hatte Lindemann insgesamt drei Äußerungen der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Besuch eines Rammstein-Konzerts angegriffen.
Zwei der angegriffenen Äußerungen stammen aus der Beschreibung des Twitter-Profils der Antragsgegnerin („the girl that got spiked AT Rammstein“) und aus einem Instagram-Post vom 25. Mai 2023, in dem auf einem Foto von Hämatomen am Körper der Antragsgegnerin zu lesen ist: „I was spiked at the concert, only had 2 drinks at pre party. And Till gave everybody a tequila shot. I don’t know when this happened or how“. Beide Äußerungen sind nach Auffassung der zuständigen Kammer dahingehend zu verstehen, dass die Antragsgegnerin auf Grundlage der in ihren Tweets vom 25. Mai 2023 geschilderten Geschehnisse, die als solches unstreitig sind, die schlussfolgernde Wertung vornimmt, dass ihr Drogen verabreicht worden seien. Dabei handele es sich nicht um eine Verdachtsäußerung,sondern um eine Wertung, bei der sie nicht behaupte zu wissen, wie ihr die Drogen verabreicht worden seien oder gar wer ihr die Drogen verabreicht habe. Für den Leser werde deutlich, dass sie eine Verabreichung von Drogen wertend daraus schlussfolgere, dass sie lediglich drei Getränke zu sich genommen habe und sich sodann plötzlich in einem für sie nicht anders erklärlichen Zustand befunden habe. Davon unterscheide sich die mit Beschluss derselben Kammer vom 14. Juli 2023 teilweise untersagte SPIEGEL-Berichterstattung, in der ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen einschließender Verdacht vermittelt worden sei, dass der Antragsteller selbst oder mit seinem Wissen und Wollen durch „seine Leute“ ein System unterhalten haben könnte, in dem Frauen im Umfeld der Konzerte der Band Rammstein K.O-Tropfen und/oder Drogen und/oder Alkohol verabreicht wurden, damit diese mit dem Antragsteller Sex haben bzw. er sexuelle Handlungen an diesen vornehmen könne. Für die von der Antragsgegnerin geäußerte wertende Schlussfolgerung aus den zugleich offengelegten und unstreitigen Anknüpfungstatsachen überwiege in der Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers die Meinungsäußerungsfreiheit der Antragsgegnerin.
Auch hinsichtlich der dritten angegriffenen Äußerung, die einem auf bbc.com veröffentlichten Artikel entstammt, hat die Kammer einen Unterlassungsanspruch verneint. Soweit es in dem Artikel heiße „She believes her drink was spiked …“, handele es sich nicht um eine Formulierung der Antragsgegnerin, sondern des Autors. Die in dem Artikel wiedergegebenen Zitate der Antragsgegnerin hätten sich in dem Kontext der jeweils gestellten Frage auf das organisierte Zuführen von Fans und die Bereitstellung von Alkohol bezogen und nicht darauf, dass die Antragsgegnerin zielgerichtet unter Drogen gesetzt worden sei. Soweit sich aus dem Kontext des von der BBC veröffentlichten Artikels möglicherweise ein anderes Verständnis ergebe – etwa im Hinblick darauf, dass die Äußerungen „believes her drink was spiked“ und „organized system of funneling girls“ unmittelbar beieinander in einem Satz wiedergegeben würden – sei für ein solches Verständnis der Autor des Artikels, nicht hingegen die Antragsgegnerin verantwortlich.
(c) LG Hamburg, 17.08.2023