Hasskriminalität im Internet zu bekämpfen, ist ein erklärtes Ziel der niedersächsischen Landesregierung und der niedersächsischen Justiz. Die Staatsanwaltschaft Göttingen betreibt dazu eine niedersachsenweite Zentralstelle zur Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz. Bei einem Ortsbesuch sprach Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann nun über die im Haushaltsentwurf der Landesregierung für 2024 vorgesehene weitere Verstärkung dieser Zentralstelle.
Die Göttinger Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet wurde zum 01. Juli 2020 eingerichtet. Seitdem verzeichnet sie ein stetig steigendes Fallaufkommen. Allein im Zeitraum vom 01. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023 nahm die Zentralstelle mehr als 2200 neue Ermittlungsverfahren auf. Das entspricht in etwa einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In mehr als 260 Fällen wurde im selben Zeitraum gegen mutmaßliche Täterinnen und Täter Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt. Die Zentralstelle bietet Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie ehrenamtlichen Organisationen (NGO) und Medienunternehmen zudem die Möglichkeit, Fälle von Hasskriminalität über das digitale Meldeportal www.hassanzeigen.de selbst zu melden. Im Zeitraum 01. Juli 2022 bis 30. Juni 2023 ging etwa die Hälfte der neu aufgenommenen Verfahren der Zentralstelle auf Meldungen über dieses Portal zurück.
Der vor wenigen Tagen vorgestellte Haushaltsentwurf der Landesregierung sieht für das Jahr 2024 eine deutliche Verstärkung der Zentralstelle um sieben zusätzliche Stellen vor. Je drei Stellen sollen für den staatsanwaltschaftlichen Dienst und die mittlere Beschäftigungsebene zur Verfügung stehen. Eine weitere Stelle ist für einen IT-Experten vorgesehen. Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann besuchte nun wenige Tage nach Abschluss der Haushaltsberatungen die Göttinger Staatsanwaltschaft, um vor Ort Einzelheiten der geplanten Verstärkung der Zentralstelle vorzustellen.
Der Leiter der Zentralstelle, Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue, schilderte der Ministerin zunächst die bisherigen Erfolge der Zentralstelle. „Die Verfahren decken schon heute ein breites Spektrum ab. Sie betreffen Aufrufe zur Gewalt gegen Kommunalpolitiker ebenso wie Cybermobbing in sozialen Netzwerken. Zum Glück gelingt es uns, in vielen dieser Fälle zeitnah Tatverdächtige zu ermitteln und vor Gericht zu bringen.“, so Frank-Michael Laue. Dr. Stefan Studenroth, Leiter der Staatsanwaltschaft Göttingen, betonte: „Die Bekämpfung der Hasskriminalität ist eine umfassende Aufgabe. Wir arbeiten dazu eng mit der Polizei und anderen Staatsanwaltschaften in Niedersachsen und darüber hinaus zusammen.“ Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann richtete den Blick besonders auf die Bedeutung des Opferschutzes. „Die Kolleginnen und Kollegen in der Zentralstelle kämpfen mit großem Einsatz für die Opfer von Hasskriminalität, die sich selbst oft kaum wehren können. Durch das eigene Meldeportal haben sie die Hemmschwelle für Betroffene gesenkt, sich gegen Anfeindungen, Rassismus und Antisemitismus zur Wehr zu setzen. Das ist ein sehr begrüßenswerter Ansatz. Denn diese Form der Kriminalität kann jeden treffen, der sich im Netz bewegt – und das meist völlig unvorbereitet.“, lobte sie.
Mit Blick auf den Haushaltsentwurf der Landesregierung für 2024 erklärte Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann: „Die Verstärkung der Zentralstelle in Göttingen ist neben der verbesserten Ausstattung der zentralen IT-Dienste die größte Einzelmaßnahme, die im Personalbereich des Justizhaushalts 2024 vorgesehen ist. Das unterstreicht die Bedeutung, die die Landesregierung dem Kampf gegen Hass und Hetze im Netz zumisst.“ Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue hob besonders die Bedeutung der zusätzlichen Stelle im Bereich IT hervor: „Die Verstärkung in diesem Bereich hilft uns, weitere innovative Ermittlungsansätze zu entwickeln. Zudem stärkt die technische Expertise unsere Möglichkeiten, vor Gericht lückenlos nachzuweisen, dass die Angeklagten auch tatsächlich die Verfasser der Hass-Postings sind, die wir ihnen zuordnen.“
Neben der Arbeit der Zentralstelle waren auch andere Kriminalitätsformen im Zuständigkeitsbereich der südlichsten der elf niedersächsischen Staatsanwaltschaften Thema beim Besuch der Ministerin in Göttingen. Dazu tauschte sie sich mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Stefan Studenroth sowie Mitgliedern des Staatsanwaltsrates und des Personalrates aus. „Der Besuch heute hat einmal mehr bestätigt, dass aktuelle Herausforderungen die Justiz nicht nur in den großen Ballungsräumen beschäftigen. Um hier ein umfassendes Bild zu bekommen, ist der Austausch vor Ort für mich unerlässlich.“, beschrieb Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann die besondere Bedeutung dieser persönlichen Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen.
Zum Abschluss ihres Besuchs fasste Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann zusammen: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und es darf auch nie ein rechtsfreier Raum sein. Die engagierte Arbeit der Staatsanwaltschaft Göttingen sorgt dafür, dass Hetze und Diskriminierung im Internet keinen Platz haben. Wo die Grenze der freien Meinungsäußerung überschritten und der Bereich des Strafbaren erreicht ist, werden wir als Justiz auch weiterhin konsequent durchgreifen. Die Täterinnen und Täter müssen spüren, dass die vermeintliche Anonymität des Internets kein Freifahrtschein für Straftaten ist.“
(c) JM Niedersachsen, 17.07.2023