In den vergangenen zehn Jahren haben Finanzinvestoren den Wohnungsmarkt entdeckt. Egal ob in Madrid, Miami oder Berlin: Überall sind sie aktiv, und überall werden sie kritisch beäugt. Es wäre aber unfair und ungerecht, sie über einen Kamm zu scheren, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die in Kooperation mit der London School of Economics entstanden ist.
In der öffentlichen Diskussion um Kaufen, Mieten und Wohnen ist die Rollenverteilung meist klar: Finanzinvestoren sind die Bösen, die Mieter aus ihren Wohnungen werfen, um die dann aufwändig zu sanieren und teuer neu zu vermieten oder zu verkaufen. Auf der anderen Seite die Leidtragenden: langjährige Mieter, die unter dem Geschäftsgebaren ihr Zuhause verlieren. Tatsächlich ist die Rollenverteilung aber längst nicht so eindeutig, zeigt eine neue IW-Studie, die zusammen mit der London School of Economics entstanden ist.
Investoren nutzten Steuervorteile
Internationale Investoren können Beteiligungsgesellschaften sein, aber auch institutionelle Investoren wie heimische Versicherungen oder Pensionsfonds. Sie alle haben sich Besonderheiten in den Mietmärkten der internationalen Metropolen zunutze gemacht, allerdings auf unterschiedliche Weise: So fokussierten sich die Investoren in Lissabon etwa auf die Aufwertung zentraler und oft leerstehender Wohnungen, um sie als Ferienwohnungen zu vermieten. In Dublin konzentrierten sie sich auf den Bau von Wohnungen für internationale Fachkräfte, die bei Großkonzernen wie Amazon beschäftigt sind, in Berlin hatten sie ein besonders Interesse daran, Mietwohnungen zu kaufen und zu sanieren. Kritikern sind diese Ansätze ein Dorn im Auge, weil hiermit oft höhere Mieten und Preise für die lokale Bevölkerung verbunden sind. Tatsächlich muss kritisiert werden, dass in vielen Ländern Finanzinvestoren Steuervorteile nutzen konnten, die die lokalen Anbieter nicht hatten. Teilweise machten sich die Investoren auch gezielt fehlende Regulierungen zunutze.
Ohne Investoren stocken Neubau und Sanierungen
Allerdings sind Finanzinvestoren auch wichtig, um etwa die Klimaschutzziele zu erreichen. Lissabon und Barcelona haben teilweise über Jahrzehnte zu wenig investiert und die Bestandsimmobilien vernachlässigt. In Deutschland haben sich mit den gestiegenen Zinsen viele Finanzinvestoren zurückgezogen, das führt zu einem massiven Einbruch im Bau und bei energetischen Sanierungen. Allein zwischen 2021 und 2022 sank das Transaktionsvolumen der institutionellen Investoren nach Daten von CBRE, einem internationalen Makler, um 73 Prozent auf 13,5 Mrd. Euro für Wohnimmobilien. Gerade die Umsetzung höherer Energieeffizienzstandards und klimafreundlicher Heizungssysteme erfordert massive Investitionen in den Gebäudebestand, die ohne die Hilfe der Finanzinvestoren nur noch schwer möglich sind. Insofern gilt es in der Zukunft umso mehr, Anreize so zu setzen, dass die Investitionen möglichst auf die gesellschaftlichen Ziele einzahlen.
(c), IW, 03.07.2023