Das Bundeskartellamt hat erneut Prüfverfahren auf der Grundlage der Energiepreisbremsen-Gesetze eingeleitet. Die nun eröffneten Verfahren betreffen Energieversorger, die für die Belieferung mit Strom Vorauszahlungen nach den Preisbremsen-Gesetzen beantragt haben.

Die Missbrauchsverbote der Preisbremsen-Gesetze verbieten eine Preisgestaltung gegenüber den Kundinnen und Kunden, die zur Erlangung ungerechtfertigter staatlicher Entlastungsbeträge führt. Entsprechende Prüfverfahren führt das Bundeskartellamt bereits gegen Erdgas-Lieferanten (siehe Pressemitteilung vom 15. Mai 2023) und Wärme-Lieferanten (siehePressemitteilung vom 30. Mai 2023).

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die dritte Tranche der Prüfverfahren betrifft eine zweistellige Zahl von Stromversorgern, die Vorauszahlungsanträge nach den Preisbremsen-Gesetzen gestellt haben. Es handelt sich um Vertriebsgesellschaften großer Energiekonzerne ebenso wie Stadtwerke, Regionalversorger und auch kleinere Discounter sowie Anbieter mit Schwerpunkt erneuerbare Energien. Sie repräsentieren rund 20 % der von den Versorgern insgesamt beantragten Entlastungssummen für die Belieferung von Privathaushalten und Kleingewerbe. Zusätzlich werden auch einige Versorger geprüft, die für die Belieferung von Großabnehmern mit Verbräuchen über 30.000 kWh/Jahr Entlastungsbeträge geltend gemacht haben.“

Den eingeleiteten Strom-Verfahren vorausgegangen ist eine Analyse sämtlicher Antrags- und Meldedaten der Monate Januar 2023 bis Mai 2023 durch das Bundeskartellamt. Die Daten wurden von Seiten der vier Strom-Übertragungsnetzbetreiber übermittelt, welche für den Staat die Abwicklung übernommen haben. Aus diesen rund 12.000 Anträgen ergeben sich insbesondere Preisstellung, Liefermengen, Entlastungssummen und Kundenzahlen. Die als auffällig identifizierten Versorger werden nun insbesondere zu ihren Preisen und Kosten sowie zu deren Entwicklung im Zeitverlauf befragt.

Sollten Verstöße festgestellt werden, so müssen unrechtmäßig erlangte Ausgleichzahlungen an die Strom-Übertragungsnetzbetreiber zurückgezahlt werden. Auch die Verhängung von Geldbußen ist möglich.

Nach dem Strom-Preisbremsegesetz können neben Versorgern auch selbstbeschaffende Verbraucher, sog. sonstige Letztverbraucher wie vor allem Industriekunden, Entlastungsbeträge geltend machen. Diese Vorgänge können ebenfalls vom Bundeskartellamt auf Auffälligkeiten geprüft werden. Bislang hat nur eine sehr kleine Zahl von ca. 50 solcher Industriekunden von dieser Entlastungsmöglichkeit – mit im Vergleich zu Versorgern geringeren Entlastungshöhen – Gebrauch gemacht. Das Bundeskartellamt hat unter Prioritätsgesichtspunkten zunächst nur Verfahren gegen Versorger eingeleitet.

Hintergrund

Mit dem Inkrafttreten von StromPBG und EWPBG hat sich der Aufgabenkatalog des Bundeskartellamts um diese energiespezifische Missbrauchsaufsicht nach den Preisbremse-Gesetzen (StromPBG, EWPBG) erweitert. Anders als die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht setzt ein Tätigwerden des Bundeskartellamts nach den Preisbremse-Gesetzen keine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen voraus. Sobald Unternehmen Erstattungen nach den Preisbremse-Gesetzen beantragen, unterliegen sie der neuen Missbrauchsaufsicht.

Über die Hintergründe zu den Preisbremse-Gesetzen hatte das Bundeskartellamt bereits nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetze im Dezember 2022 informiert (siehe Pressemitteilung vom 20. Dezember 2022).

Die Preisbremsen zielen darauf ab, die Kundinnen und Kunden durch eine Deckelung der Preise für bestimmte Entlastungskontingente für Gas, Wärme und Strom (in der Regel 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs) zu entlasten.

Die Kundinnen und Kunden zahlen für das Entlastungskontingent ausschließlich den gesetzlich festgelegten und in der Höhe gedeckelten Preis pro Kilowattstunde. Sofern sie dieses Kontingent nicht überschreiten, sind sie daher auch von Preiserhöhungen über den Preisdeckel hinaus während der Laufzeit der Preisbremsen nicht betroffen. Die Energieversorger erhalten aus der Staatskasse entsprechende Ausgleichszahlungen, deren Höhe von der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis und dem durch die Preisbremsen gedeckelten Arbeitspreis bestimmt wird. Die Preisbremsen-Gesetze verbieten eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Entlastungsregeln (§ 39 StromPBG und § 27 EWPBG). Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Energieversorger eine höhere staatliche Ausgleichzahlung erhalten, indem sie ihre Arbeits-(Endkunden-)preise für Gas, Wärme oder Strom erhöhen, obwohl es für die Preiserhöhung keine sachliche Rechtfertigung durch gestiegene Kosten gibt.

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