Mit Urteil vom 17. April 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden, dass die derzeitige Rechtslage es den Fahrerlaubnisbehörden nicht ermöglicht, ein Fahrverbot für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge wie Fahrräder oder E-Scooter zu verhängen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen nunmehr vor.
Die Fahrerlaubnisbehörden können das Führen von Fahrzeugen nach der bundesweit geltenden Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) verbieten, wenn sich jemand – insbesondere durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss – als hierzu ungeeignet erweist. Umstritten war dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt werden
kann.
Diese Frage hat der BayVGH nun geklärt: Das geltende Recht bietet demnach keine Grundlage für ein Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Dementsprechend hob der zuständige Senat ein entsprechendes an den Kläger gerichtetes Fahrverbot auf.
Zur Begründung führte das Gericht an, solche Fahrverbote stellten einen schweren Eingriff in die als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit grundrechtlich geschützte Mobilität und eine erhebliche Belastung für die Betroffenen dar. § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV, auf den die behördliche Praxis die Verbote stützt, könne nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, denn er regele die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht hinreichend bestimmt. Die Regelung lasse weder für sich allein, noch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erkennen, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet sei und wie man dies feststellen müsse. Anders als für das Führen von fahrerlaubnispflichtigen (Kraft-)Fahrzeugengebe es hierfür keine ausreichenden Hinweise aus dem Gesetzgebungsverfahren oder andere konkretisierende Regelwerke. Eine Übertragung der Maßstäbe
für das Führen von Kraftfahrzeugen auf das Führen von Fahrrädern oder EScootern sei wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotentials nicht möglich. Das
Fehlen rechtlicher Maßstäbe könne zu unverhältnismäßigen Verboten führen.
Der unterlegene Freistaat Bayern kann gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Revision einlegen.
(BayVGH, Urteil vom 17. April 2023, Az.11 BV 22.1234)