Das Oberverwaltungsgericht hat mit heute verkündeten Urteilen entschieden, dass die Auflösung des Düsseldorfer Großmarkts zum Ablauf des 31.12.2024 rechtmäßig ist.
Die Klägerin betreibt seit mehreren Jahrzehnten einen Großhandel auf dem von der Stadt Düsseldorf als öffentliche Einrichtung geführten Großmarkt.
Nachdem die Stadt Düsseldorf über mehrere Jahre unter Einbindung der betroffenen Händlerinnen und Händler aus ihrer Sicht erfolglos nach einem tragfähigen Konzept für die Fortführung des Großmarkts gesucht hatte, beschloss der Rat der Stadt am 1.7.2021 die Auflösung des Großmarkts als öffentliche Einrichtung zum 31.12.2024 und eine entsprechende Änderung der Großmarktsatzung. In Umsetzung der Auflösung des Großmarkts widerrief die beklagte Stadt die Zuweisung von Großmarktflächen unter anderem an die Klägerin. Das Verwaltungsgericht hat den Widerruf der Zuweisung auf die Klage der Klägerin aufgehoben. Die Stadt habe das in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelnde Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden missachtet. Der Großmarkt sei eine öffentliche Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund, derer sich die Beklagte nicht ohne Weiteres nach freiem Ermessen wieder entledigen könne.
Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts ist diesen Ausführungen in dem von der Stadt betriebenen Berufungsverfahren nicht gefolgt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat er – ebenso wie in dem von der Klägerin neben dem Klageverfahren eingeleiteten Normenkontrollverfahren gegen die Änderung der Großmarktsatzung – im Wesentlichen ausgeführt:
Eine Pflicht, bestimmte öffentliche Einrichtungen zu schaffen und zu betreiben, folgt nicht aus der allgemeinen gemeinderechtlichen Vorgabe, wonach die Gemeinden innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen schaffen. Die Gemeinden sind bei der Entscheidung über die Schaffung und Beibehaltung einer öffentlichen Einrichtung in Ausübung ihrer verfassungsrechtlich eingeräumten Selbstverwaltungsgarantie grundsätzlich frei, wenn es sich – wie hier – um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe handelt. Bei Normgebung bekannte rechtlich schutzwürdige Belange der auf dem Markt vertretenen Händler hat die Stadt ohne Rechtsfehler bei der Normgebung pauschal berücksichtigt.
Die im Grundgesetz normierte kommunale Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Selbst wenn man der den Gemeinden verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsgarantie überhaupt eine nicht gesetzlich ausgeformte gemeindliche Pflicht entnehmen können sollte, wäre die Auflösung des Großmarkts als öffentliche Einrichtung der Beklagten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hierdurch wird weder der Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung ausgehöhlt, noch werden identitätsbestimmende Merkmale gemeindlicher Selbstverwaltung oder hierfür erforderliche gemeinwohlorientierte Handlungsspielräume faktisch oder rechtlich beseitigt. Die Auflösung der konkreten öffentlichen Einrichtung des Großmarkts betrifft schon keine identitätsbestimmenden Merkmale gemeindlicher Selbstverwaltung oder hierfür erforderliche gemeinwohlorientierte Handlungsspielräume. Nicht einmal der gemeindliche Handlungsspielraum, einen Großmarkt als öffentliche Einrichtung zu betreiben, ist eingeschränkt. Denn bei der Auflösung des Großmarkts als öffentliche Einrichtung bleibt es der Stadt bei einem entsprechenden politischen Willen gerade unbenommen, in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts in der Zukunft – gegebenenfalls an anderer Stelle – selbst wieder einen Großmarkt als öffentliche Einrichtung neu zu schaffen und zu betreiben.
Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht jeweils wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Wegen in Rechtsprechung und Literatur bestehender weitreichender entscheidungserheblicher Zweifelsfragen bedarf es zumindest der Klarstellung des Bundesverwaltungsgerichts, ob der Senat – sofern an den im Jahr 2009 neu entwickelten höchstrichterlichen Grundsätzen festgehalten werden soll – insoweit von einem bundesrechtlich zutreffenden Verständnis ausgegangen ist.
Aktenzeichen: 4 A 2078/22 (I. Instanz: VG Düsseldorf 3 K 7947/21)