Heute hat der 3. Strafsenat – Senat für Staatsschutzsachen – des Thüringer Oberlandesgerichts die inzwischen 26-jährige Angeklagte Kristin L. nach neun Verhandlungstagen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt.
Der Senat hat in der mündlichen Urteilbegründung am 12.06.2022 ausgeführt, dass er zu folgenden Feststellungen gelangt ist:
Die Angeklagte habe sich durch ihre Ausreise nach Syrien im März 2015 und ihrem sich daran anschließenden Verhalten im Herrschaftsgebiet des sog. „Islamischen Staats (IS)“ einer terroristischen Vereinigung im Ausland angeschlossen, deren Weltbild und gewaltsame Vorgehensweise sie zunächst geteilt und befürwortet habe. Durch ihre Heirat mit einem Kämpfer der IS-Truppen im April 2015, mit der Haushaltsführung für diesen und mit der Erziehung des im September 2016 geborenen gemeinsamen Kindes, habe sie die Beteiligung ihres Ehemanns an den Kampfhandlungen des IS gefördert und sich in die Organisationsstrukturen des IS eingefügt. Von dem IS seien der Familie im Gegenzug etwa Wohnungen und Geld für den Lebensunterhalt zur Verfügung gestellt worden. Während ihres Aufenthalts in Syrien habe sie zeitweise eine Waffe des Typs „Pumpgun“, die sie als „Brautgabe“ von ihrem Ehemann erhalten habe, in ihrem Besitz gehabt, wodurch sie gegen das Waffengesetz verstoßen habe.
Nach Überzeugung des Senats habe sich die Angeklagte daher mitgliedschaftlich in einer terroristischen Vereinigung im Ausland betätigt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) und gegen das Waffenrecht verstoßen (§ 51 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 3 WaffG).
Bei der Strafzumessung hat der Senat u.a. berücksichtigt, dass die Angeklagte ein weitgehendes und glaubhaftes Geständnis abgelegt habe und ihre Unterstützungshandlungen, die im Wesentlichen in der Heirat mit einem Kämpfer und der Haushaltsführung für diesen bestanden haben, als eher niederschwellig einzuordnen seien. Straferschwerend hat der Strafsenat gewürdigt, dass es sich bei dem Islamischen Staat um eine besonders gefährliche Terrororganisation gehandelt habe, deren Anschläge, Gräueltaten und Kriegshandlungen der Angeklagten bekannt gewesen seien und die sie anfänglich auch gebilligt habe.
Die Vertreter des Generalbundesanwalts hatten zuvor in ihrem Schlussantrag eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten beantragt, die Verteidiger der Angeklagten eine Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Übereinstimmung bestand aber darin, dass wegen der sittlichen und geistigen Entwicklung der Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten Jugendstrafrecht anzuwenden sei. Dem ist der Strafsenat gefolgt und hat unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens, dem im Jugendstrafrecht Vorrang zukomme, die Dauer der Jugendstrafe bemessen und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagte hat sich seit ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland im Oktober 2022 in Untersuchungshaft befunden. Der Haftbefehl wurde durch den Senat aufgehoben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen diese Entscheidung können die Angeklagte, ihreVerteidiger und der Generalbundesanwalt binnen einer Woche Revision einlegen.
Thüringer Oberlandesgericht, Az.: 3 St 2