Am 8. Juni 1953 wurde das Bundesverwaltungsgericht in Berlin feierlich eröffnet. Zur Feier dieses historischen Anlasses fand gestern – auf den Tag genau 70 Jahre später – in Leipzig ein Jubiläumssymposium statt.
Über 200 Gäste waren der Einladung des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Andreas Korbmacher gefolgt, unter ihnen der Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann, die Präsidentinnen und Präsidenten der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Vertreterinnen und Vertreter anderer europäischer oberster Gerichte, weitere hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Justiz, Politik, Wissenschaft, Anwaltschaft und Medien sowie zahlreiche aktive und ehemalige Angehörige des Gerichts. Die Veranstaltung wurde live im Internet übertragen.
In seiner Begrüßungsrede skizzierte der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts die jeweiligen Rahmenbedingungen, die sich seit der Gründung auf das Gericht und dessen Rechtsprechung ausgewirkt haben. Rechtsprechung weise immer auch eine zeitbezogene Dimension auf. Während das Gericht in seinen Anfangsjahren mangels ausreichender Normierung des Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts oftmals rechtsschöpferisch tätig wurde, sei aktuell ein „zu wenig“ an normativer Steuerung des Entscheidungsprogramms kaum noch zu beklagen. Heute bilde die Rechtsklärung und Rechtsfortbildung im normativen Mehrebenensystem – vor allem im Verhältnis zum Unionsrecht – einen inhaltlichen Rechtsprechungsschwerpunkt des Gerichts. Er hob auch hervor, dass das Bundesverwaltungsgericht aufgrund seiner Zuständigkeiten in besonderem Maße über Sachverhalte zu entscheiden habe, die die Gesellschaft bewegen.
Auf die Begrüßung des Gerichtspräsidenten folgte ein Video-Grußwort des Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier sowie ein Grußwort und Impulsvortrag des Bundesministers der Justiz Dr. Marco Buschmann. In dem anschließenden Fachprogramm wurde in drei Podiumsdiskussionen ein Bogen von der Geschichte bis zur Gegenwart des Bundesverwaltungsgerichts gespannt.
Das erste Podium war der Gründungsphase der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der jungen Bundesrepublik gewidmet. Die Diskutanten riefen den zeithistorischen Kontext der Anfangsjahre in Erinnerung und lieferten einen Werkstattbericht über das Geschichtsprojekt des Bundesverwaltungsgerichts, in dem die Anfangsjahre 1953 bis 1959 erforscht werden.
In einem zweiten Podium diskutierten Expertinnen und Experten aus Anwaltschaft, Lehre und Rechtsprechung über die Erwartungen an die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts. Sowohl das Problem, qualifizierten Nachwuchs zu finden, als auch die Digitalisierung der Justiz, aber auch ganz praktische Bedürfnisse wie die Länge von Schriftsätzen und Urteilsbegründungen kamen hier zur Sprache.
In einem dritten Podium diskutierten die Podiumsgäste über die Frage, ob die aktuellen Beschleunigungsbestrebungen den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen. Dabei kamen die verschiedenen Standpunkte aus Politik, Anwaltschaft, Legislative und Judikative zu Wort. Auch das Publikum brachte sich intensiv ein.
Abschließend bedankte sich der Gerichtspräsident für die lebhafte Teilnahme der zahlreichen Gäste an einer perspektivenreichen gemeinsamen Festveranstaltung.
(c) Bundesverwaltungsgericht, 09.06.23