Zum Ergebnis der Stichwahl in der Türkei erklärt Max Lucks, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Es war eine Schicksalswahl für die Türkei. Der Ausgang dieser Stichwahl ist zwar ein harter Rückschlag für die demokratische Opposition, doch angesichts der Herausforderungen im Wahlkampf, der von unfreien Medien, Vetternwirtschaft, Fake News und staatlichen Repressionen gegen Oppositionelle geprägt war, doch ein sehr starkes Ergebnis. Erdogan gelang es nicht, eine klare Mehrheit der Bevölkerung in den politischen und kulturellen Zentren des Landes Istanbul, Ankara und Izmir hinter sich zu bringen.
Während der Widerstand der Zivilgesellschaft anhält, muss die Türkeipolitik der strategischen Rücksichtnahme nach diesen Wahlen enden. Die Bundesrepublik und die EU sollten künftige Brüche des Völkerrechts und die Missachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention klar beantworten.
Die demokratischen Stimmen in der Türkei rufen nach einer Annäherung an Europa, Visafreiheit, der Rückkehr zur Istanbul-Konvention und fordern die Freilassung politischer Gefangener wie Selahattin Demirtaş und Osman Kavala. Die Stärkung der Demokratie im Land muss endlich im Zentrum deutscher und europäischer Türkeipolitik stehen.
Bereits kurz nach der Wahl hetzt Präsident Erdogan gegen LGBT und demonstriert erneut, dass er Queerfeindlichkeit zum Regierungsprogramm erklärt hat. Diese menschenfeindliche Propaganda dient nicht nur der Ablenkung von politischen Debatten und Niederlagen, sondern missbraucht die Menschenrechte einer Minderheit als Spielball zur Spaltung Europas. Erdogan sollte bewusst sein, dass die staatliche Verfolgung queerer Menschen auf allen Ebenen politische Konsequenzen haben wird.