Mögliche Interessenskonflikte und Verstöße gegen die Compliance-Regeln im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) waren das Thema einer erneut gemeinsam durchgeführten Sitzung der Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Klimaschutz und Energie. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) war zwei Wochen nach seinem letzten Auftritt in den beiden Ausschüssen erneut zu Gast bei den Abgeordneten, um deren Fragen zu neuen Vorwürfen an sein Ministerium zu beantworten. 

Nur wenige Tage nach der Entlassung von Staatssekretär Patrick Graichen als Folge der „Trauzeugen-Affäre“, ist ein weiterer hoher Beamter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in die Kritik geraten. Unter anderem geht es darum, dass Staatssekretär Udo Philipp den Gründer Sebastian Böhmer, in dessen Unternehmen First Momentum Ventures Philipp 2019 investiert hatte, für den Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ vorgeschlagen hatte. Der Beirat berät das BMWK zum Thema Gründungen. 

So stand erneut die Frage im Raum, ob ein Beamter des BMWK seinen Posten dazu genutzt hat, sich oder ihm nahestehenden Personen Vorteile zu verschaffen. Ein weiterer Konfliktpunkt ist, dass Staatssekretär Philipp, der im BMWK unter anderem für Start-up-Politik verantwortlich ist, Anteile an vier Start-ups hält. „Es ist richtig, dass ich im Ministerium federführend für die Startup-Szene verantwortlich bin, ich sehe jedoch keinen Interessenskonflikt“, sagte Philipp, der ebenfalls in der Ausschusssitzung befragt wurde. 

Er gab zudem an, in mehrere Fonds und Aktien investiert zu haben. Die Fonds würden jedoch von Vermögensverwaltern geführt, er habe keinen Einfluss auf Einzelgeschäfte. „Dass Menschen Fonds haben, das ist normal“, sagte Philipp auch. Er sei überzeugt, dass das auch bei Mitarbeitern in anderen Ministerien der Fall sei. 

Minister Habeck verteidigte seinen Staatssekretär; er habe sich vor Antritt seines Postens im BMWK seine Beteiligungen transparent gemacht. Die Fragen der Abgeordneten nach der Trennung von dienstlichen und privaten Interessen der Beamten im Ministerium berechtigt seien berechtigt. „Man darf diese Fragen stellen. Aber dann nicht nur an Udo Philipp“, so Habeck. Strengere Compliance-Regeln seien möglich, wenn sie für alle Ministerien der Regierung und auch das Parlament gelten würden. „Lassen Sie uns über Regelverschärfungen reden, dann allerdings für alle“, sagte Habeck.

Der Minister sagte in der Sitzung, dass er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Besetzung des Expertenbeirats „Junge Digitale Wirtschaft“explizit um Vorschläge aus dem studentischen Milieu gebeten habe. Sebastian Böhmer zeichne sich dadurch aus, dass er noch in seiner Studentenzeit einen Wagniskapitalfonds gegründet habe. „Diese Expertise haben wir an keiner anderen Stelle gefunden“, sagte Habeck. Dass sein Staatssekretär Philipp finanziell an First Momentum Ventures beteiligt sei, habe er nicht gewusst, sagte Habeck. „Es ist aber auch irrelevant.“ Der Beirat arbeite rein ehrenamtlich, die Mitglieder erhalten also keine Aufwandsentschädigungen. Der Beirat sei zudem nicht in einer Position, politische Entscheidungen zu treffen, die Gewinne beeinflussten. 

Anders als in der vergangenen Sitzungswoche tagte der Ausschuss diesmal öffentlich; die Sitzung wurde im Parlamentsfernsehen übertragen und die Presse war zugelassen. 

©️ HiB Nr. 394 vom 24.05.23

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