Berlin. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte erläutert, warum der Rechtsstaat disziplinarrechtliche Konsequenzen ziehen muss, wenn Beamt*innen für die AfD eintreten, indem sie die rassistischen und rechtsextremen Positionen der Partei unterstützen, und damit gegen ihre verfassungsrechtliche Treuepflicht verstoßen.
Anlässlich der Veröffentlichung der Analyse „Rassistische und rechtsextreme Positionierungen im Dienste des Staates?“ erklärt das Institut:
„Ein Eintreten für die AfD ist mit der verfassungsrechtlichen Treuepflicht von Beamt*innen unvereinbar. Erfahren Dienstvorgesetzte, dass Beamt*innen Mitglied der AfD sind oder sich für diese einsetzen, auch ohne Mitglied zu sein, ist es geboten, dass die Dienstvorgesetzten disziplinarrechtlich tätig werden. Die fortgeschrittene Radikalisierung der AfD als Gesamtpartei macht dies erforderlich.
Rassistische und rechtsextreme Positionen sind fester Bestandteil des AfD-Programms sowie der Positionierungen von AfD-Führungspersonen und Mandatsträgern. Darüber hinaus propagieren Führungspersonen und Mandatsträger der AfD auch Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele.
Beamt*innen haben als Garanten des Rechtsstaats die Pflicht, durch ihr gesamtes Verhalten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Bei dieser verfassungsrechtlichen Treuepflicht, die gleichermaßen für Richter*innen sowie Soldat*innen gilt, handelt es sich um eine zentrale Pflicht, deren Einhaltung zur Erhaltung des Rechtsstaats zwingend erforderlich ist. Verstöße dagegen wiegen daher grundsätzlich schwer.
Die Gewährleistung des Rechtsstaats darf insbesondere nicht Personen obliegen, die die in Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verankerten Garantien erkennbar ablehnen: den Grundsatz der allen Menschen gleichermaßen zustehenden Menschenwürde und den damit einhergehenden Grundsatz der Rechtsgleichheit aller Menschen. Hierbei handelt es sich um nicht verhandelbare Grundsätze, die zum absoluten Kern des Grundgesetzes gehören. Zieht der Rechtsstaat hier keine Grenzen, wird er nicht nur unglaubwürdig, er riskiert vielmehr seine eigene Existenz.
Die aktuelle Publikation richtet sich an Entscheidungsträger*innen in Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die für disziplinarrechtliche Maßnahmen zuständig sind, wie auch an die zuständigen Gerichte.
Die Publikation analysiert, wo die Grenzen für Beamt*innen liegen, sich politisch zu engagieren und ihre Meinung zu äußern. Sie geht der Frage nach, wie die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei beziehungsweise der Einsatz für eine solche Partei zu bewerten ist, die sich durch rassistische und rechtsextreme Positionen auszeichnet und sich damit gegen die in Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verankerten unabdingbaren Grundlagen der Menschenrechte wendet.
Die Publikation zeigt auf, warum Personen, die für die AfD und damit für rassistische und rechtsextreme Positionen eintreten, aus dem Staatsdienst zu entlassen sind. Allerdings ist immer eine Einzelfallprüfung erforderlich, in deren Rahmen die betreffenden Personen die Möglichkeit erhalten, angehört zu werden und sich zu entlasten.
Eine solche Entlastung wäre im Fall der Mitgliedschaft in der AfD dann denkbar, wenn die betreffende Person darlegen kann, dass sie die national-völkische Ausrichtung in der Programmatik der Partei ernsthaft und unmissverständlich innerparteilich kritisiert und sich für eine programmatische Korrektur hin zu Positionen einsetzt, die mit dem in Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verankerten absoluten Kern der Verfassung in Einklang stehen.
Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte, Pressemitteilung vom 3. Februar 2022