Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) liegt im März bei 92,1 Punkten und damit um anderthalb Punkte niedriger als im Februar. Damit verharrt der Wert für das erste Quartal 2023 vorerst deutlich unter der neutralen 100-Punkte-Marke, die für ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft steht.
Nachdem das Bruttoinlandsprodukt im letzten Quartal 2022 um 0,4 Prozent geschrumpft ist, muss auch für das laufende erste Quartal mit einem – wenngleich geringfügigen – Rückgang der Wirtschaftsleistung gerechnet werden. Tritt das tatsächlich ein, würde sich die deutsche Wirtschaft in einer technischen Rezession befinden. „Das klingt allerdings dramatischer, als es ist“, sagt Geraldine Dany-Knedlik, Co-Leiterin der Abteilung Konjunkturpolitik im DIW Berlin. „Die deutsche Wirtschaft hat sich im Winter trotz Energiekrise und hoher Inflation gut geschlagen und dürfte nach der kurzen Schwächephase ab dem Frühjahr wieder zulegen“, so Dany-Knedlik.
Timm Bönke, Co-Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik im DIW Berlin, ergänzt: „Hätte uns vor einem halben Jahr jemand gesagt, dass wir maximal mit einer leichten technischen Rezession durch einen milden Winter mit gut gefüllten Gasspeichern kommen, hätten wir das gerne angenommen.“ Euphorie sei aber keineswegs angebracht, so Bönke: „Die vereinzelten Turbulenzen im Bankensektor stellen ein Risiko dar. Auch wenn eine größere Finanzkrise derzeit unwahrscheinlich ist, könnte es zumindest zu einer leichten Verschärfung der Kreditvergabekonditionen und zu einer Einschränkung des Handlungsspielraums aufseiten der Zentralbanken bei der Inflationsbekämpfung kommen.“
In der Industrie mehren sich die Hinweise, dass die Talsohle erreicht ist. Die Produktion hat sich zum Jahresbeginn deutlich erholt und auch die Auftragseingänge des verarbeitenden Gewerbes zeigten im Januar wieder aufwärts, getrieben von der Nachfrage aus dem Ausland. „Die Lieferengpässe haben sich entspannt und der Preisauftrieb beruhigt,“ sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. „Das lässt ruhigere Zeiten für die Industrieunternehmen erwarten.“ Ein rascher Aufschwung ist aber dennoch unwahrscheinlich. Die Weltwirtschaft befindet sich in einem Wachstumstief und mit einem kräftigeren Plus bei der Auslandsnachfrage ist nicht zu rechnen. Zusätzlich verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen mit den kräftigen Zinserhöhungen, die die Europäische Zentralbank angesichts der hohen Inflation seit dem Sommer 2022 vorgenommen hat. Einige Investitionsprojekte dürften so zurückgestellt werden.
Auch bei den Dienstleistungen ist mit einem gedämpften Aufschwung zu rechnen. Die Einzelhandelsumsätze scheinen sich zuletzt auf tiefem Niveau stabilisiert zu haben, nachdem sie im Laufe des Jahres 2022 stetig gesunken waren. Eine wichtige Stütze für den privaten Verbrauch ist der weiterhin robuste Arbeitsmarkt. Das Konsumklima hat sich vor diesem Hintergrund zuletzt verbessert, wenn auch auf noch niedrigem Niveau. „Die deutsche Wirtschaft schlägt sich trotz der vielen Gegenwinde weiterhin gut“, so DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. „Angesichts der schwächelnden Weltwirtschaft, den höheren Zinsen sowie Sorgen um die Finanzmarktstabilität ist momentan jedoch kein kräftiger Aufschwung zu erwarten. Zudem hat sich die Energiekrise zwar momentan entspannt, ist aber noch nicht ausgestanden.“
Quelle: DIW, Pressemitteilung vom 29. März 2023