Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschlüssen vom 21. Januar 2022, deren Entscheidungsgründe den Beteiligten heute zugestellt worden sind, zwei Eilanträge des Umweltverbands Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald e. V. („LANA“) und der Nachbargemeinde Schluchsee abgelehnt. Diese richteten sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen auf dem Höhenzug „Gießbacher Kopf“ in Häusern im Südschwarzwald (Landkreis Waldshut). Der Anlagenstandort liegt im Landschaftsschutzgebiet „Häusern“ in einem Bereich, der nach einer anlässlich des Genehmigungsverfahrens erfolgten Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung als Windenergiezone ausgewiesen ist. In der Nähe befinden sich das Vogelschutzgebiet „Südschwarzwald“ und das FFH-Gebiet „Täler von Schwarza, Mettma, Steina, Schlücht“.
Der 10. Senat hat den Antrag der Nachbargemeinde als unzulässig und denjenigen des Umweltverbands als unbegründet angesehen und zur Begründung aus-geführt: Die Gemeinde sei bereits nicht antragsbefugt, da sie keine Verletzung eigener Rechte geltend machen könne. Das ihr von Verfassungs wegen zustehende Selbstgestaltungsrecht sei durch die Anlagengenehmigung nicht berührt. Die Annahme einer unzulässigen Beschneidung von Selbstgestaltungsrechten durch die Errichtung von Windenergieanlagen in Nachbargemeinden komme nur ganz ausnahmsweise überhaupt in Betracht, etwa wenn die Auswirkungen des Vorhabens die Wirtschaftsstruktur und die Leistungsfähigkeit einer durch Fremdenverkehr geprägten Gemeinde massiv und nachhaltig verschlechterten. Dass dies der Fall sein könnte, sei im vorliegenden Fall nicht plausibel; hierfür genüge die Sichtbarkeit der Windenergieanlagen vom Gemeindegebiet aus nicht. In Bezug auf die Anlagengenehmigung habe sich die Standortgemeinde auch nicht förmlich mit der Nachbargemeinde abstimmen müssen.
Der Antrag des Umweltverbands habe keinen Erfolg haben können, weil nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz rügefähige Bestimmungen aller Voraussicht nach nicht verletzt seien. Das Landratsamt habe nach einer standortbezogenen Vorprüfung schlüssig ein Bedürfnis für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verneint. Es seien auch keine Beteiligungsrechte in Bezug auf die – wegen möglicher Auswirkungen auf einen nahegelegenen Auerhuhn-Verbundkorridor durchgeführte – Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung verletzt worden. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht stelle das Antragsvorbringen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids nicht durchgreifend in Frage. Dies gelte sowohl für den Landschaftsschutz und die Lage im Landschaftsschutzgebiet als auch in Bezug auf bodenschutzrechtliche Bestimmungen, den Habitatschutz, artenschutzrechtliche Verbotstatbestände und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Außenbereich.
Die Beschlüsse des VGH sind unanfechtbar (10 S 1861/21 und 10 S 2618/21).
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 28. Januar 2022