Der DRK-Kreisverband Kaiserslautern darf bis auf Weiteres die verbliebenen Gebäude im Bereich Augustastraße/Friedrichstraße in Kaiserslautern nicht abreißen, da die von der Stadt Kaiserslautern erlassene Veränderungssperre wirksam ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. mit Urteil vom 6. März 2023 entschieden.
Der klagende DRK-Kreisverband möchte die Umgestaltung des ihm gehörenden Innenstadtareals im Bereich Augustastraße/Friedrichstraße (sog. Sanitätskolonne) weiter vorantreiben und zu diesem Zweck den noch existenten Baubestand abreißen, der derzeit als Rettungswache dient. Die aktuelle Fassung des einschlägigen Bebauungsplans aus dem Jahr 2016 würde die vom Kläger vorgesehene Neubebauung gestatten, denn dieser war 2016 geändert worden, um die geplante Umgestaltung zu ermöglichen. Nunmehr beabsichtigt die beklagte Stadt, den Plan erneut zu ändern. Dem ging eine öffentliche Diskussion im Jahre 2021 über den Denkmalwert der bereits beseitigten und der im östlichen Grundstücksbereich noch vorhandenen Gebäude, die vom Stadtbaumeister Hermann Hussong stammen bzw. diesem zuzuordnen sein sollen, voraus. Dazu erklärte die Denkmalfachbehörde, sie beabsichtige die Aufnahme des Objekts in die Denkmalliste und führte aus, das Ensemble sei architekturgeschichtlich und städtebaulich herausragend relevant und ihm komme als einst überaus wichtigem Bestandteil der Infrastruktur Kaiserslauterns in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine hochrangige stadthistorische Bedeutung zu. Zur Sicherung ihrer Änderungsplanung erließ die Beklagte im Juli 2021 eine Veränderungssperre. Die anschließend vom Kläger beantragte bauaufsichtliche Genehmigung zum Abriss des noch verbliebenen Altbestands lehnte sie unter Bezugnahme auf die Veränderungssperre ab.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger dagegen Klage vor dem Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. und machte vor allem geltend, die Neubebauung entspreche einem Gesamtkonzept, das Grundlage gerade für die Bebauungsplanänderung im Jahr 2016 gewesen sei. Damals habe der Denkmalschutz keine Einwände erhoben. Es handele sich bei dem noch vorhandenen Ensemble nicht um ein Baudenkmal, da insbesondere umfangreiche Änderungen vorgenommen worden seien, das Herzstück der sog. Sanitätskolonne ohnehin bereits beseitigt und der vorhandene Baubestand teilweise sehr marode sei. Die Veränderungssperre und die dem Aufstellungsbeschluss entnehmbaren Planungsabsichten der Beklagten missachteten seinen Vertrauensschutz auf die restliche Realisierungsmöglichkeit des Gesamtkonzepts.
Demgegenüber verwies die Beklagte auf die Bewertung des Baubestands als Baudenkmal durch die Denkmalfachbehörde, die für sie selbst maßgeblich sei, ohne dass es einer förmlichen Unterschutzstellung bedürfe. Die fachliche Bewertung sei ihr bei der Bebauungsplanänderung 2016 gerade noch nicht bekannt gewesen. Nunmehr könne sie sich auf die Veränderungssperre berufen, mit der sie ihre Planungshoheit schützen wolle. Letztlich solle der Abwägungsprozess möglichst zu einem konsensualen Ergebnis führen. Dem diene auch ein Arbeitskreis, an dem der Kläger beteiligt sei.
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, zur Sicherung ihrer Änderungsplanung entsprechend dem im Juli 2021 gefassten Aufstellungsbeschluss zur Änderung des bestehenden Bebauungsplans eine Veränderungssperre als Satzung zu beschließen. Die formellen Voraussetzungen lägen ebenso vor wie die gesetzlichen Anforderungen an den Inhalt einer solchen Satzung. Die Beklagte verfolge insbesondere ein legitimes städtebauliches Ziel, soweit sie nunmehr die von der Fachbehörde dargelegte Denkmaleigenschaft des klägerischen Baubestands in ihre Planung einbeziehen möchte. Den Gemeinden und Städten sei es zwar grundsätzlich verwehrt, im Gewande des Städtebaurechts Denkmalschutz zu betreiben. Allerdings könnten gerade auch denkmalgeschützte Anlagen den Anknüpfungspunkt für städtebauliche Festsetzungen bilden. Vor diesem Hintergrund sei die Einbeziehung der Erhaltung des vorhandenen Baubestands auf dem klägerischen Grundstück in die Bauleitplanung als städtebauliche Zielsetzung vom Grundsatz her anzuerkennen.
Der Kläger könne sich gegenüber der Veränderungssperre nicht darauf berufen, dass sein Neubauvorhaben schon vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sei, da die von ihm konkret vorgesehene Neubebauung des betreffenden östlichen Grundstücksareals gerade noch nicht bauaufsichtlich zugelassen worden und insbesondere von der Baugenehmigung vom 28. Oktober 2020 nicht erfasst sei. Allein der Umstand, dass die aktuelle Fassung des Bebauungsplans sein Neubauvorhaben ermöglicht hätte, vermittele insoweit noch keinen hinreichenden Schutz. Seine Eigentümerinteressen hinsichtlich der baulichen Nutzung der Flächen seien – abgesehen von der denkmalschutzrechtlichen Bewertung – in die im Änderungsverfahren betreffend den Bebauungsplan erforderliche bauleitplanerische Abwägung einzustellen.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 6. März 2023 – 5 K 686/22.NW
Quelle: VG Neustadt/Wstr., Pressemitteilung vom 15. März 2023