Nachfolgend finden Sie eine Auswahl von Verfahren, die voraussichtlich 2023 vom Bundesverfassungegricht entscheiden werden.

Verfassungsbeschwerde gegen TKÜ-Regelungen im Polizeigesetz von NRW – 1 BvR 2466/19

Verfassungsbeschwerde gegen § 20c des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden vom 18. Dezember 2018 (GV. NW S. 741, ber. 2019 S. 23), welcher Befugnisse zur Telekommunikations- und zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung zum Regelungsgegenstand hat, sowie gegen § 8 Abs. 4 PolG NRW in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 2018 (GV. NW, S. 684, ber. 2019 S. 23), der einen Katalog terroristischer Straftaten im Sinne dieses Gesetzes enthält.

Einsatz des sog. „Staatstrojaners“ – 1 BvR 180/23

Verfassungsbeschwerde von unter anderem Rechtsanwälten, Künstlern und Journalisten zu der Frage, ob die durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl I 3202, in Kraft getreten am 24. August 2017) bewirkten Änderungen der Strafprozessordnung (StPO), insbesondere die Möglichkeit der Anordnung der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung und der Online-Durchsuchung (mittels des sogenannten „Staatstrojaners“), verfassungsgemäß sind.

Kostentragungsplicht des Polizeieinsatzes bei Fußball-Hochrisikospielen – 1 BvR 548/22

Verfassungsbeschwerde zu der Frage, ob die Erhebung einer Gebühr für den polizeilichen Mehraufwand bei Hochrisikospielen im Profifußball (sogenannte Veranstaltungsgebühr, vergleiche § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, namentlich mit den Grundrechten der Veranstalterin aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG.

Höhe der Vergütung von Gefangenenarbeit in Bayern – 2 BvR 166/16

Verfassungsbeschwerden zu der Frage, ob die Höhe der Vergütung für die Gefangenenarbeit nach Art. 46 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe (Bayerisches Strafvollzugsgesetz, BayStVollzG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 866, BayRS 312-2-1-J) und nach § 32 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen (Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen, StVollzG NRW) vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 75) mit Verfassungsrecht vereinbar ist.

Einsatz von US-Drohnen unter Nutzung der Ramstein-Air-Base – 2 BvR 508/21

Verfassungsbeschwerde gegen das Unterlassen der Bundesrepublik Deutschland, durch geeignete Maßnahmen auf die Einhaltung des Völkerrechts beim Einsatz von Drohnen zur Tötung von Menschen im Jemen unter Nutzung der US-Air-Base Ramstein durch die USA hinzuwirken.

Prüfung des „Cannabisverbots“ im BtMG – u.a. 2 BvL 3/20

Zehn Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse von drei Amtsgerichten. Die Gerichte halten die Strafvorschiften des Betäubungsmittelgesetzes für verfassungswidrig, soweit sie sich auf Cannabis-Produkte beziehen. Sie haben deshalb in inzwischen zehn Verfahren diese Normen dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Die Gerichte machen geltend, das strafbewehrte Cannabisverbot greife unverhältnismäßig in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit ein. Außerdem lasse sich die Strafbarkeit des Umgangs mit dem Rauschmittel Cannabis vor dem Hintergrund der Legalität des Rauschmittels Alkohol nicht rechtfertigen und verstoße daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Strafrahmen des § 184b StGB – Besitz von Kinderpornographie – 2 BvL 11/22

Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse zweier Amtsgerichte gegen die Neufassung von § 184b StGB. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2021 der Strafrahmen für die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz von Kinderpornographie deutlich verschärft und das Delikt zu einem Verbrechen hochgestuft. Zwei Amtsgerichte halten die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bei atypischen Grenzfällen, wie beispielsweise der unbedachte Versandt eines Screenshots eines Chats von Schülerinnen mit einer Nacktaufnahme einer Schülerin in der Elternchatgruppe der Klasse, für eine unverhältnismäßige Sanktion und damit aufgrund Verletzung des Übermaßverbotes für verfassungswidrig.

Verurteilung aufgrund von „EncroChat“-Erkenntnissen – u.a. 2 BvR 558/22

Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen strafrechtliche Verurteilungen, bei denen die Gerichte die Verurteilung der Beschwerdeführer maßgeblich auf die Auswertung von Daten auf Mobiltelefonen des Anbieters EncroChat gestützt haben. Den französischen Ermittlungsbehörden gelang es, den Datenverkehr zu infiltrieren, aufzuzeichnen und zu speichern. Die betreffenden Daten wurden den deutschen Ermittlungsbehörden im Wege der internationalen Rechtshilfe übermittelt. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Verwertung der übermittelten Daten. Sie sind überdies der Ansicht, die Gerichte seien zu einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a AEUV verpflichtet gewesen, um die Rechtmäßigkeit der Erhebung und Weitergabe der Daten durch den Gerichtshof der Europäischen Union klären zu lassen.

Abberufung von Stephan Brandner (AfD) als Vorsitzender des Rechtsausschusses – 2 BvE 1/20

Organstreitverfahren gegen den Deutschen Bundestag und den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz wegen der Abberufung eines Abgeordneten der Antragstellerin vom Amt des Vorsitzenden des Ausschusses. Die Antragstellerin macht geltend, die durch Mehrheitsbeschluss des Ausschusses erfolgte Abberufung verletze sie in ihren verfassungsmäßigen Rechten, da ihr der Vorsitz in diesem Ausschuss zustehe.
Antragstellerin: Fraktion der Alternative für Deutschland im Deutschen Bundestag

Wiederaufnahmeverfahren zulasten eines Freigesprochenen nach § 362 Nr. 5 StPO – Fall „Frederike von Möhlmann“ – 2 BvR 900/22

Verfassungsbeschwerde zu der Frage, ob § 362 Nummer 5 StPO, eingeführt durch das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“ vom 21. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5252), und auf dessen Grundlage ergangene fachgerichtliche Entscheidungen mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 103 Abs. 3 GG vereinbar sind. Nach § 362 Nummer 5 StPO darf ein Strafverfahren gegen einen rechtskräftig Freigesprochenen wiederaufgenommen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die dringende Gründe dafür bilden, dass der Betroffene nunmehr wegen Mordes verurteilt wird.

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