„Mit dem gestern vom Kabinett im ersten Durchgang gebilligten Gesetzesentwurf zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer kommunaler Vorschriften modernisieren wir das Kommunalrecht und passen es praktischen Bedürfnissen an“, sagte Bayerns Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann bei der heutigen Vorstellung der Eckpunkte der Kommunalrechtsnovelle 2023. „Es wird zunehmend schwieriger, Bürgerinnen und Bürger für die aktive Teilnahme an der Kommunalpolitik zu gewinnen. Wir wollen daher die Attraktivität kommunaler Ämter, insbesondere auch für Frauen, erhöhen.“ Dazu gehört etwa, dass Kommunen ihren Gremienmitgliedern künftig mandatsbedingte Kosten für die Betreuung von Angehörigen erstatten können. „Das ist ein wichtiger Schritt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und einem ehrenamtlichen kommunalen Mandat“, so Herrmann, der an die Kommunen appellierte, diese Ermächtigung auch als Ermunterung zu begreifen. Auch die bisherige Höchstaltersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister und Landräte soll ab dem 1. Januar 2024 aufgehoben werden. „Eine starre Altersgrenze ist nicht mehr zeitgemäß. Künftig soll allein der Wählerwille zählen“, betonte der Minister +++
Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Anforderungen an kommunale Ämter in den letzten Jahren gestiegen sind. „Die Schwelle, ab der ein Bürgermeisteramt regelmäßig hauptberuflich ausgeübt wird, senken wir daher von bisher 5.000 auf 2.500 Einwohner.“ Wegen der Komplexität und Aufgabenfülle solle das Ehrenamt hier nicht mehr die Regel, sondern nur noch die Ausnahme sein. „Zudem passen wir auch die Entschädigung für Bezirkstagspräsidenten an, denn diese tragen eine immer größere Verantwortung.“ Ob Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur, Heimat oder Umwelt: Die Aufgaben der Bezirke sind vielfältig. Hinzu komme ein Haushalt in Milliardenhöhe sowie riesige Personalkörper mit mehreren tausend Mitarbeitern. „Die zunehmende Bedeutung der Bezirke muss sich daher auch in der angemessenen Entschädigung für dieses Ehrenamt widerspiegeln“, so der Minister.
Die Kommunalrechtsnovelle sieht eine Reihe von weiteren Änderungen im Kommunalrecht vor: Kommunale Gremien können nicht nur hybrid – also teilweise in Präsenz und teilweise als Videoschalte – tagen, sondern auch einen Livestream ihrer Gremiensitzungen im Internet anbieten und künftig eine Mediathek einrichten, sofern die Mitglieder mit der Aufzeichnung einverstanden sind. Für Herrmann ist das „größtmögliche Bürgerfreundlichkeit, denn interessierte Bürger können die Sitzungen kommunaler Gremien so trotz kollidierender beruflicher und familiärer Pflichten verfolgen.“ Zudem werden die Kommunalgesetze künftig möglichst geschlechtsneutral formuliert, um alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen. „Stehen keine neutralen Begriffe zur Verfügung, verwenden wir die weibliche und männliche Form. So geht Gleichberechtigung und das ganz ohne künstliches Gendern.“
Ein in diesen Zeiten besonders bedeutendes Ziel der Gesetzesnovelle: Die Mitwirkung der Gemeinde an der Sicherung der Energieversorgung stärken. Wie der Innenminister erläuterte, soll hierzu die Versorgung mit Strom, Wärme und Gas durch gemeindliche Unternehmen neu geregelt werden. Gemeindliche Unternehmen sollen künftig Energie auch in einer Menge erzeugen dürfen, die den örtlichen Bedarf übersteigt. „Indem wir die Energieerzeugung auf eine breitere Grundlage stellen, gewährleisten wir Versorgungssicherheit und machen uns unabhängiger von Energieimporten“, so der Kommunalminister. Zudem sollen die gemeindlichen Unternehmen mit der Energieversorgung üblicherweise verbundene Tätigkeiten übernehmen dürfen, also beispielsweise Installations- oder Wartungsarbeiten an Photovoltaikanlagen sowie die Errichtung und den Betrieb von Ladesäulen, um die Elektromobilität voranzubringen.
Im Bereich des Kommunalwahlrechts gibt es nur geringfügige Änderungen:
„Denn die Evaluierung der letzten Kommunalwahlen hat gezeigt, dass sich die bestehenden Regelungen bewährt haben.“ Laut Herrmann werden daher mit der Gesetzesnovelle insbesondere kleinere Regelungslücken geschlossen und das Wahlrecht – sofern möglich – an die Vorschriften der staatlichen Wahlen angepasst, indem etwa gesetzliche Fristen angepasst werden. Neu ist zudem:
- Kumulieren bei Mehrheitswahlen: Künftig können immer bis zu drei Stimmen je Bewerberin oder Bewerber vergeben werden. Bisher war das nicht möglich, wenn nur ein oder kein Wahlvorschlag vorlag.
- Abschaffung von Sonderregelungen für kleinere Gemeinden mit bis zu 3.000 Einwohnern: Die Möglichkeit doppelt so viele Bewerberinnen und Bewerber in den Wahlvorschlag aufzunehmen, als überhaupt Gemeinderatssitze zur Verfügung stehen, ist nur noch bei Wahlen mit einer einzigen Liste zulässig. Die Möglichkeit, doppelt so viele Stimmen zu vergeben, entfällt hingegen ganz.
Laut Herrmann wird nun zur geplanten Gesetzesänderung eine Verbandsanhörung durchgeführt. Der Gesetzentwurf setzt einen Bericht des Innenministeriums an den Landtag um, der sich zum einen mit den Erfahrungen der letzten Kommunalwahlen befasst, aber auch weitere aktuelle kommunalrechtliche Themen aufgreift.
Weitere Erläuterungen und Details zur Kommunalrechtsnovelle sind unter www.innenministerium.bayern.de abrufbar.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, Pressemitteilung vom 8. März 2023