hat Justizstaatssekretärin Tanja Eichner das Haus des Jugendrechts und das kriminalpädagogische Projekt „Teen Court“ in Wiesbaden besucht. Hessenweit gibt es bereits sieben Häuser des Jugendrechts, wobei in Wiesbaden im Dezember 2010 die erste Einrichtung Hessens geschaffen wurde und damit dort die längste Erfahrung vorliegt.
In den Häusern des Jugendrechts arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugend(gerichts)hilfe unter Einbeziehung freier Träger der Jugendhilfe „unter einem Dach“ zusammen. Im Haus des Jugendrechts in Wiesbaden sind die Staatsanwaltschaft Wiesbaden u.a. mit zwei Jugendstaatsanwältinnen sowie die Landeshauptstadt Wiesbaden mit einem Sozialarbeiter und einer Sozialarbeiterin des Amtes für Soziale Arbeit vertreten. Ferner arbeiten mehrere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus der Polizeidirektion Wiesbaden im Wiesbadener Haus des Jugendrechts. Das Projektgebiet umfasst die Landeshauptstadt Wiesbaden. Bearbeitet werden daher grundsätzlich Straftaten von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die in Wiesbaden wohnen. Ausnahmen gelten für spezifische Kriminalitätsformen (etwa Kapital-, Sexual- oder Wirtschaftsdelikte), bei denen eine Bearbeitung durch spezialisierte staatsanwaltliche Sonderdezernenten erfolgt.
Justizstaatssekretärin Tanja Eichner erklärte anlässlich ihres Besuchs im Wiesbadener Haus des Jugendrechts: „Durch die enge Verzahnung von Polizei, Justiz und Stadt gelingt ein ressortübergreifender und damit ganzheitlicher Ansatz bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität. Jugendliche und junge Erwachsene, die straffällig werden, erhalten passgenaue Unterstützungs- und Präventionsmaßnahmen. Das Haus des Jugendrechts ermöglicht durch die räumliche Nähe der beteiligten Akteure und die damit verbundenen ‚kurzen Wege‘ schnellere Abstimmungen und damit auch die Beschleunigung von Ermittlungsverfahren.“
Die Deliktsbereiche Diebstahl (§§ 242, 243, 247, 248a StGB), vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 StGB) und Betrug/Computerbetrug (§§ 263, 263a StGB) sind die dominierenden Kriminalitätsformen, die im Haus des Jugendrechts in Wiesbaden bearbeitet werden.
„Die Häuser des Jugendrechts sind ein Erfolgsmodell. Mein Besuch zeigte eindrücklich, dass sich die jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten auf das Konzept des Hauses des Jugendrechts gut einlassen. Das Haus des Jugendrechts in Wiesbaden ist daher eine wichtige Einrichtung, um Jugendkriminalität frühzeitig und effektiv entgegenzuwirken. Ich danke allen Beteiligten, die an dieser bedeutenden Aufgabe mitgewirkt haben und weiter mitwirken werden“, so Justizstaatssekretärin Tanja Eichner weiter.
Teen Court
Im Anschluss besuchte Justizstaatssekretärin Tanja Eichner eine Verhandlung des „Teen Court“ in Wiesbaden und sprach mit den Schülerrichterinnen und Schülerrichtern. Dieses kriminalpädagogische Jugendprojekt ist ein durch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden durchgeführtes Projekt für Jugendliche im Rahmen der Diversionsarbeit, also der Einstellung von Jugendstrafverfahren gegen eine pädagogisch wirksame Auflage.
Im Projekt bildet ein Sozialpädagoge junge Menschen zu Schülerrichterinnen und Schülerrichtern aus. Diesem sogenannten Schülergericht weist die Staatsanwaltschaft dann echte Strafverfahren gegen (geständige) Ersttäterinnen oder Ersttäter im Alter von 14 bis 21 Jahren zur Erledigung zu. Ziel des Teen Courts ist es, dass das Schülergericht mit der Ersttäterin oder dem Ersttäter die Tat durchgeht und letztlich eine pädagogische Maßnahme im Rahmen einer Teen Court Sitzung mit ihr oder ihm vereinbart. Eine Maßnahme kann zum Beispiel das Schreiben eines Aufsatzes oder das Anfertigen einer kreativen Arbeit sein. Konkret haben Beschuldigte als kreative Arbeit zum Beispiel ein Bienenhotel gebaut oder ein buntes Natur- oder Tierbild gemalt. Dem Modell liegt die Erfahrung zugrunde, dass sich jugendliche Täter im Gespräch mit Gleichaltrigen leichter vom Unrecht ihrer Tat überzeugen lassen.
„Mithilfe des Projektes wollen wir die jungen Ersttäterinnen und Ersttäter sensibilisieren und kriminelle Karrieren von Anfang an verhindern. Die wachsende Bedeutung des Teen Courts in Wiesbaden sieht man daran, dass ihm die Staatsanwaltschaft Wiesbaden im Jahr 2022 insgesamt 211 Vorgänge zugewiesen hat und damit fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Ich danke den Schülerrichterinnen und Schülerrichtern für ihre erfolgreiche Arbeit. Fast alle Vorgänge konnten von dem Schülergericht im Jahr 2022 abgeschlossen und die Auflagen von den Täterinnen oder Tätern zur Zufriedenheit des Teen Courts abgearbeitet werden. Diese Einrichtung bringt nicht nur Vorteile für junge Ersttäterinnen und Ersttäter, die von Gleichaltrigen auf Augenhöhe angesprochen werden, sondern trägt zugleich zur persönlichen Weiterentwicklung der Jugendrichterinnen und Jugendrichter bei“, sagte die Justizstaatssekretärin Tanja Eichner bei ihrem Besuch.
Quelle: Justizministerium Hessen, Pressemitteilung vom 2. März 2023