In einem Entwurf aus dem Dezember 2022 verfolgt die EU-Kommission das Ziel, strafrechtliche Maßnahmen gegen Verstöße gegen EU-Sanktionen zu vereinheitlichen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt das Anliegen, bemängelt aber Widersprüche und Schwachstellen innerhalb der Richtlinie.

„Das Berufsgeheimnis der Anwältinnen und Anwälte ist eine wichtige Säule des Rechtsstaats. Seine im Entwurf vorgesehene Beschneidung ist so aus rechtsstaatlichen Gründen nicht hinnehmbar. Schon die Sanktionen selbst sind, dem hohen Zeitdruck bei ihrer Entstehung geschuldet, oft fehleranfällig konzipiert. Besonders kritisch ist dabei die Einschränkung des Zugangs zu Rechtsberatung zu sehen. Bislang fehlt es an einem demokratisch legitimierten, transparenten und objektiven Mechanismus, nach dem natürliche und juristische Personen auf die Sanktionsliste gesetzt werden.

Der Vorschlag der Kommission weist, auch wenn er ein richtiges Ziel verfolgt, diverse konstruktive Schwächen auf. Während er einerseits nur und zu Recht die Kriminalisierung vorsätzlicher Taten vorsieht, geht er im Folgenden auch von der Strafbarkeit des ‚Versäumnisses‘ und grob fahrlässigen Handelns aus. Bei der Beurteilung der Strafbarkeit geht der Entwurf zu weit, Unklarheiten bestehen ferner bei der Sanktionszumessung. Insbesondere die vorgesehenen Meldepflichten sind hochproblematisch. Das ist ein massiver Eingriff in den anwaltlichen Berufsgeheimnisschutz, der weder mit der Verfassung noch den europäischen Grundrechten vereinbar ist.

In der Praxis entsteht außerdem die Gefahr der Doppelverfolgung: Die Etablierung von Territorialprinzip, aktivem Personalitätsprinzip, Residenzprinzip und Sitzprinzip in allen EU-Staaten schafft Zuständigkeitsüberschneidungen, die mangels Kenntnissen über in anderen Staaten laufende oder abgeschlossene Verfahren zu rechtsstaatlichen Friktionen führen können.“

Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 8. Februar 2023

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