Heute hat das Bundeskabinett im Rahmen einer Formulierungshilfe für die Novelle des Raumordnungsgesetzes auch die Umsetzung einzelner Vorgaben aus der EU-Notfall-Verordnung zur Beschleunigung des Erneuerbare Energien-Ausbaus in nationales Recht verabschiedet. Hierzu sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Die EU-Notfall Verordnung stellt die richtigen Weichen, um die Ausbaulücken für die Windenergie in den kommenden anderthalb Jahren erheblich zu verringern und gleichzeitig den Artenschutz zu wahren und den Netzausbau zu beschleunigen. So muss der Ausbau der Windenergie an Land und der PV in den kommenden Jahren verdreifacht werden.
Mit der aktuell vorgelegten Formulierungshilfe zur Umsetzung ins nationale Recht werden die Möglichkeiten zur Erleichterung des Windenergie-, Solar- und Netzausbaus noch nicht vollständig ausgeschöpft.
Positiv ist, dass mit der Umsetzung der Notfall-Verordnung die aufwändige und langwierige Kartierung im Genehmigungsprozess entfällt. Stattdessen sollen Behörden ihre Entscheidungen auf Basis von bereits vorhandenen Daten festlegen, welche Maßnahmen zum Artenschutz vom Projektierer zu erfüllen sind. Damit können Jahre im Genehmigungsprozess eingespart werden.
Damit der gewonnene Zeitvorteil erhalten bleibt, ist es jedoch entscheidend, dass der Handlungsrahmen für die Behörden bei den zu ergreifenden Artenschutz-Maßnahmen möglichst eindeutig vorgegeben wird und wenig Interpretationsspielraum lässt. Die Erfahrung zeigt: Unklarheiten führen in den meisten Fällen zu Verzögerungen. Leider wird im vorliegenden Formulierungsvorschlag nicht ausreichend konkretisiert, welche Maßnahmen für den Artenschutz zu ergreifen sind. Um eine deutliche Beschleunigung zu erzielen, sollte daher ein Katalog mit Standardmaßnahmen festgelegt werden, die jeden Fall abdecken. Dieser sollte direkt in den Gesetzestext aufgenommen werden.
Darüber hinaus braucht es einen leistbaren Deckel bei den Zahlungen für die Artenhilfsprogramme. Der aktuell geplante obere Deckel mit bis zu 7.000 EUR pro installierte Megawatt (MW) ist enorm. Bei einer durchschnittlichen Größe von 5 MW entstehen für 20 Jahre Kosten in Höhe von 700.000 EUR pro Windenergieanlage. Insgesamt sollte für alle Projekte ein Wahlrecht eingeräumt werden, die Neuregelungen in Anspruch nehmen zu können.
Um die zusätzlichen Erzeugungskapazitäten zukünftig umfassend nutzen zu können, ist auch ein beschleunigter Netzausbau notwendig. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung lässt aber auch für den Netzausbau erhebliche Auslegungsspielräume, die die Anwendung der Regelung erschweren und Zulassungsentscheidungen verzögern werden. Zudem droht eine Verteuerung des Netzausbaus, da Zahlungen in erheblicher Höhe unabhängig davon zu leisten sein sollen, ob eine artenschutzrechtliche Gefährdung durch entsprechende Maßnahmen ausgeschlossen werden kann.
Eine Beschleunigung des ebenfalls dringend benötigten Netzausbaus jenseits der großen Übertragungsnetze bewirkt die Regelung nicht ohne weiteres. Für die in der Regel als Ersatzneubau durchgeführten Vorhaben erfolgt keine erneute Flächenausweisung mit strategischer Umweltprüfung. Bei der jetzt unbedingt anstehenden europarechtlichen Fortschreibung der Regelungen muss hier nachgebessert werden. Mit Blick auf den Ausbau der Freiflächen-PV ist die geplante Raumordnungs-Novelle problematisch. Sie könnte dazu führen, dass PV-Freiflächenanlagen künftig nur noch in festgelegten Gebieten errichtet werden dürfen (sogenannte Ausschlussplanung). Dies würde die Planungshoheit der Kommunen untergraben und den Ausbau ausbremsen. Diese Beeinträchtigung des PV-Ausbaus können wir uns bei den ambitionierten Zubauzielen schlicht nicht leisten. Außerdem sind diese Ausschlussplanungen nicht auf die neu geschaffene Möglichkeit zum verstärkten Ausbau der PV entlang von Autobahnen und Schienenwegen abgestimmt (punktuelle Außenbereichsprivilegierung). So droht diese gerade neu geschaffene Regelung untergraben zu werden, wenn die ROG-Novelle nicht angepasst wird.“
Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Pressemitteilung vom 30. Januar 2023