Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (20/5370) vorgelegt, mit dem die Zahl der Bundestagsmandate künftig sicher auf die Regelgröße von 598 begrenzt werden soll. Die Vorlage, die am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, sieht dazu einen Verzicht auf die bisherige Zuteilung sogenannter Überhang- und Ausgleichsmandate vor. Dies könnte dazu führen, dass künftig nicht alle Direktkandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten, in das Parlament einziehen.
Überhangmandate sind bisher angefallen, wenn eine Partei über die Erststimme mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen hat, als ihrem Listenergebnis entsprach. Um das mit der Zweitstimme bestimmte Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament wiederherzustellen, wurden diese Überhänge mit zusätzlichen Ausgleichsmandaten kompensiert. In der Folge stieg die Zahl der Abgeordneten über die gesetzliche Regelzahl hinaus auf derzeit 736 an.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll es wie bisher 299 Wahlkreise und zwei Stimmen geben. Dabei wird mit der als „Hauptstimme“ bezeichneten bisherigen Zweitstimme, mit der die Wähler für eine Parteiliste votieren können, über die proportionale Verteilung der Mandate an die Parteien entschieden. Mit der nunmehr „Wahlkreisstimme“ genannten bisherigen Erststimme können wie bisher in den Wahlkreisen Direktkandidaten gewählt werden. Ihnen wird ein Mandat laut Vorlage jedoch nur zugeteilt, wenn dies durch das Hauptstimmenergebnis gedeckt ist. Stellt eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreissieger, als ihrem Hauptstimmenergebnis entspricht, sollen – in der Reihenfolge ihrer Ergebnisse bei den Wahlkreisstimmen – entsprechend weniger von ihnen bei der Mandatszuteilung berücksichtigt werden.
„Die erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen Mehrheit eine Deckung durch Hauptstimmen voraus“, führen die Koalitionsfraktionen dazu in der Vorlage aus. Parteiunabhängige Wahlkreisbewerber seien indes „als zwingende Ausnahme vom Grundsatz der Hauptstimmendeckung allein am Maßstab des Mehrheitsgewinns im Wahlkreis zu messen“.
Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 58 vom 26. Januar 2023