Die Europäische Kommission will Journalist:innen und Menschenrechtler vor strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung, sogenannten SLAPPs, schützen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt in einer aktuellen Stellungnahme zwar das Anliegen, sieht in Teilen der Empfehlungen der Kommission aber einen unzulässigen Eingriff in die freie Advokatur.
„Der DAV sieht das Risiko, das SLAPP-Klagen innewohnt“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Joachim Freiherr von Falkenhausen vom Ausschuss Berufsrecht des DAV. Geeignete Gegenmaßnahmen befürworte man deshalb. Es könne jedoch nicht die Aufgabe des anwaltlichen Berufsrechts sein, der Anwaltschaft vorzuschreiben, welche Klagen und Rechtsmittel ihre Mandanten einlegen dürfen.
„Wenn der Rechtsweg missbraucht wird, muss beim Kläger oder Rechtsmittelführer angesetzt werden – nicht beim Anwalt. Würde man von diesem Grundsatz abweichen, wäre das fundamentale, vom Verfassungsrecht geschützte Recht der freien Advokatur verletzt“, so der Rechtsanwalt. Zudem würde durch solche Maßnahmen der Zugang der Bürger zum Recht eingeschränkt.
Anwaltschaft dennoch in der Pflicht
Falkenhausen hält aber fest: „Anwälte und Anwältinnen müssen natürlich untersuchen, ob eine Klage unbegründet oder sogar missbräuchlich ist und ihre Mandanten entsprechend belehren.“ Über eventuell bestehende Normen oder Empfehlungen zu Anti-SLAPP-Maßnahmen müssten sie ebenfalls beraten und vor den Risiken unbegründeter oder missbräuchlicher Klagen warnen.
„Hält ein Rechtsanwalt dieses Verfahren ein, darf er auch unbegründete Klagen für seinen Mandanten erheben“, konstatiert Dr. Freiherr von Falkenhausen. Eine Ausnahme bestünde in Fällen, in denen der Anwalt oder die Anwältin dadurch zum Mittäter würde – zum Beispiel bei einer Nötigung.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 12. Dezember 2022