Bayerns Justizminister Georg Eisenreich stellt heute (30. November) im Münchner Justizpalast die Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2021 vor. Diese wird jährlich vom Landesamt für Statistik erstellt und bildet die rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor bayerischen Strafgerichten ab. Eisenreich: „Bayerns Strafgerichte haben im vergangenen Jahr etwa 109.000 Personen verurteilt. Dabei fällt auf, dass im zweiten Jahr der Pandemie die Zahl der Straftaten auf der Straße gesunken ist, Straftaten im Internet hingegen deutlich zugenommen haben.“
Die Verurteilten 2021 in Zahlen:
- Insgesamt 109.024 Personen sind im vergangenen Jahr im Freistaat rechtskräftig verurteilt worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es 116.980 und 2019 121.250 Personen.
- Die Mehrzahl der Verurteilten war männlich, Frauenhatten einen Anteil von 17,2 %.
- 47.731 nicht-deutsche Täter wurden im Jahr 2021 in Bayern verurteilt, 6,5 % weniger als 2020 (51.030). Der prozentuale Anteil an allen Verurteilten ist gleich geblieben bei 43,8 % (43,6 % in 2020). Ohne Berücksichtigung der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz, die täterschaftlich überwiegend nur von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit begangen werden können, liegt ihr prozentualer Anteil an den insgesamt Verurteilten bei 41,8 % (41,7 % in 2020).
- 7.629 Verurteilte waren Heranwachsende (im Alter zwischen 18 und 21 Jahren) – 12,2 % weniger als im Vorjahr. Davon wurden 30,4 % (2.316 Personen) nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt.
Mögliche Effekte der Pandemie:
- Straftaten im Straßenverkehr haben traditionell den größten Anteil an der Kriminalität insgesamt. 2021 ist die Zahl der Verurteilten um 9,2 % gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Zahl der Verkehrsdelikte mit Trunkenheit nahm sogar um 16,2 % gegenüber dem Vorjahr ab. Eisenreich: „Auffällig ist dabei, dass 210 Personen im Jahr 2021 wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen verurteilt wurden. 62,8 % mehr als im Vorjahr. Das zeigt, wie wichtig es war, dass der Bund 2017 auch auf Initiative Bayerns die Beteiligung an illegalen Autorennen unter Strafe gestellt hat.“
- Weniger Diebstahl und Wohnungseinbrüche: Bei den Diebstahlsdelikten (§§ 242 bis 244a StGB) ist mit 10.773 Verurteilten ein deutlicher Rückgang um 18,3 % festzustellen. Beim Wohnungseinbruchsdiebstahl (bei Fällen nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 4 Strafgesetzbuch) ist ein Rückgang um 16,2 % zu verzeichnen.
- Mehr Subventionsbetrug: Im Jahr 2020 wurden 70 Personen wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) verurteilt. Im Jahr 2021 waren es bereits 307 – ein Plus von 338,6 %.
Zu den Delikten im Einzelnen
- Wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB) wurden 558 Personen verurteilt, 18 % mehr als im Vorjahr (2020 waren es 473). Auch die Zahl der Verurteilten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176, 176a StGB) ist 2021 um 6,2 % gestiegen. Minister Eisenreich: „Hinter jedem Bild, hinter jedem Video steht das unfassbare Leid eines Kindes. Es war überfällig, dass Kindesmissbrauch – wie seit langem von Bayern gefordert – mit Wirkung zum 1. Juli 2021 vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft wurde. Aber das reicht aus meiner Sicht nicht aus. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 20. September 2022 Spielräume gelassen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass IP-Adressen gerade bei der Verfolgung von Kinderpornografie zum Teil den einzigen Ermittlungsansatz darstellen. Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst unsere Ermittlerinnen und Ermittler bei der Bekämpfung dieser schweren Verbrechen aus.“ Bemerkenswert ist der Anteil der Jugendlichen (14-17 Jahre) an den wegen § 184b StGB Verurteilten. Eisenreich: „Der Anteil der Jugendlichen ist seit 2018 kontinuierlich von 1,3 auf 20,1 % im Jahr 2021 gestiegen. Wir wollen Kinder und Jugendliche vor Straftaten schützen und haben deshalb die preisgekrönte Aufklärungskampagne ‚Mach dein Handy nicht zur Waffe‘ ins Leben gerufen.“
- Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k StGB) ist erneut eine Zunahme zu verzeichnen – um 4,7 % auf 1.839 Verurteilte. Bei den Vergewaltigungen (§ 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB) gab es mit 130 Fällen einen leichten Rückgang um 3 %.
- Mehr Stalker verurteilt: 106 Personen (92 Männer und 14 Frauen) wurden 2021 wegen Nachstellung (§ 238 StGB) für schuldig befunden, 16,5 % mehr als im Vorjahr. Eisenreich: „Seit dem 1. Oktober 2021 gelten die von Bayern geforderten verschärften Stalkingvorschriften. Wir müssen Stalkern frühzeitig Grenzen setzen, um die Opfer besser zu schützen.“ Eisenreich: „Aktuell sehen wir auch, dass Cyberstalking zunimmt, mit gravierenden seelischen und körperlichen Folgen bei Betroffenen. Die Anti-Stalking-Regeln müssen deshalb dringend weiter nachgeschärft werden.“
- Im Bereich Zwangsprostitution (§ 232a Absätze 1-5 StGB; 6 Fälle), Zuhälterei (§ 181a StGB; 2 Fälle) und Menschenhandel (§ 232 StGB; 4 Fälle) bleibt die Zahl der Verurteilungen auf niedrigem Niveau. Eisenreich: „Die Strafvorschriften sind nicht praxistauglich und müssen dringend reformiert werden. Wir müssen Frauen und Mädchen besser vor Ausbeutung und Gewalt schützen. Die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2022 hat auf Antrag Bayerns und Niedersachsens den Bund zu einer Reform aufgefordert.“
- Häusliche Gewalt: 121 Personen wurden wegen Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz verurteilt. Leider ein Plus von 12 %.
- Wegen vollendeten Mordes (§ 211 StGB) wurden 24 Täter verurteilt, 50 % mehr als im Vorjahr. Beim versuchten Mord ist die Zahl von 20 auf 13 Verurteilte gesunken. Wegen Totschlags wurden 61 Personen verurteilt (+17,3 %).
- Hass und Hetze weit verbreitet: Im vergangenen Jahr wurden 1,5 % mehr Personen wegen Beleidigungsdelikten (§§ 185 bis 200 StGB) verurteilt (4.186). Die Zahl der Verurteilten wegen Volksverhetzung durch Aufstachelung zum Hass oder vergleichbare Äußerungen (§ 130 Absatz 1 StGB) ist deutlich gestiegen (187 Verurteilte, +59,8 %). Auch beim Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (§ 86a StGB) gibt es einen deutlichen Zuwachs (276 Verurteilte, +24,9 %). Der Minister: „Unsere Maßnahmen im Kampf gegen Hass und Hetze zeigen Wirkung. Wir sehen an diesen Zahlen: Es lohnt sich, Straftaten anzuzeigen. Neben der zentralen Hate-Speech-Beauftragten und 22 Sonderdezernenten haben wir in Bayern fünf Online-Meldeverfahren gegen strafbare Hate Speech mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet. Alle Bürgerinnen und Bürger können online Strafanzeige erstatten.“
- Wegen Cyberstraftaten (Computersabotage, Datenveränderung, Abfangen und Ausspähen von Daten) wurden insgesamt nur 15 Personen verurteilt (etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr). Eisenreich: „Diese Entwicklung zeigt einmal mehr den erhöhten Reformbedarf. Das Strafrecht muss endlich mit der zunehmenden Digitalisierung Schritt halten. Zum einen müssen die Strafrahmen der Grundtatbestände angehoben und an die Strafen der analogen Welt angepasst werden. Zum anderen muss das besondere Unrecht bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen besonders geahndet werden. Bayern hat dazu Reformvorschläge vorgelegt.“
- Mehr Steuerstraftaten: 2.346 Personen wurden im vergangenen Jahr in Bayern wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) verurteilt, das sind 104 Personen (4,6 %) mehr als im Vorjahr.
Eisenreich: „In Bayern lebt es sich sicher. Das Risiko, in Bayern Opfer einer schweren Straftat zu werden, ist gering. Polizei und Justiz setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass dies so bleibt. Gleichzeitig erwarte ich vom Bundesjustizminister, dass er wichtige Reformen angeht.“
Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 30. November 2022