In Deutschland stagniert die Produktion seit nunmehr zwei Jahren in etwa auf dem Niveau von kurz vor Ausbruch der Pandemie. Besonders schwach sind die Unternehmensinvestitionen. Dass weniger Investitio­nen als vor der Pandemie getätigt werden, dürfte zu einem Gutteil am schleppenden Exportgeschäft liegen. Auch die privaten Haushalte halten sich beim Konsum zurück, wohl vor allem aufgrund von Sorgen um die längerfristigen wirtschaftlichen Aussichten. Nach der Herbstprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024 stagnieren und im Jahr 2025 bei sich normalisierender Kapazitätsauslastung um 1,0% zulegen. Im Juni hatten die IWH-Konjunkturforscher noch ein Plus von 0,3% im Jahr 2024 und von 1,5% für 2025 erwartet. In Ostdeutschland steigt das Bruttoinlands­produkt in diesem Jahr um 0,3% und im Jahr 2025 um 0,9%.

Zum Ende des Sommers 2024 deutet vieles darauf hin, dass sich das zuletzt moderate Tempo der Weltkonjunktur erst einmal fortsetzen wird. Zwar haben Sorgen um die Konjunktur in den USA Anfang August zu heftigen Turbulenzen auf den Finanz­märkten geführt, kurz darauf haben aber positive Neuigkeiten die Märkte wieder be­ruhigt. Im September dürften die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen senken. Die Finanzpolitik ist in den fortgeschrittenen Volkswirt­schaften zwar leicht restriktiv ausgerichtet, der Restriktionsgrad dürfte sich aber ver­ringern. Der längere Zeit über stagnierende Welthandel mit Waren hat seit dem Früh­jahr wieder ein wenig zulegt. Allerdings dürfte die Binnennachfrage in China schwach bleiben, und in den USA dürfte das Expansionstempo nachlassen; das Risiko einer Rezession ist aber nicht allzu hoch. Die europäische Konjunktur dürfte sich ab dem Winterhalbjahr 2024/2025 im Zuge steigender Reallöhne leicht beleben.

Im zweiten Quartal 2024 ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt leicht gesunken. Die Bruttoanlageinvestitionen gingen im zweiten Quartal um 2,2% zurück, wobei die priva­ten Ausrüstungsinvestitionen um 6,2% einbrachen. Das Verhältnis des Volumens aller Ausrüstungsinvestitionen zum Bruttoinlandsprodukt ist seit der Pandemie deutlich ge­ringer als zuvor. „Ein wichtiger Grund dafür dürfte in langfristig eingetrübten Export­aussichten liegen, denn der deutsche Anteil an den weltweiten Warenexporten ist seit der Zeit vor Pandemieausbruch deutlich gesunken“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. „Für die deutsche Wirtschaft ist es ein erheblicher Einschnitt, wenn die wirtschaftlichen Impulse nicht mehr von Erfol­gen des Exportsektors kommen.“ Dass die Sparquote der privaten Haushalte erneut etwas gestiegen ist, geht wohl vor allem auf Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft zu­rück. Allerdings steigen die realen Arbeitnehmereinkommen aufgrund der recht hohen Lohn- und der weiter nachlassenden Preisdynamik. „Deshalb dürfte ein wieder auf­wärtsgerichteter privater Konsum im Winterhalbjahr zu einer leichten Erholung der Konjunktur beitragen“, sagt Oliver Holtemöller. Die Zahl der Erwerbstätigen bleibt in der zweiten Jahreshälfte 2024 in etwa konstant und nimmt im Jahr 2025 wieder leicht zu. Die Verbraucherpreisinflation beträgt im Jahresdurchschnitt 2024 2,3% und im Jahr 2025, wenn dämpfende Effekte von den gefallenen Energiepreisen wegfallen, 2,4%. Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sinkt von 2,6% im Jahr 2023 über 2,0% im laufenden Jahr auf 1,7% im Jahr 2025.

Ein erhebliches Risiko für die deutsche Konjunktur liegt im verbreiteten Pessimismus der Unternehmen bezüglich ihrer Ertragsaussichten. Hielten in nächster Zeit die negati­ven Überraschungen bezüglich der Wirtschaftslage an, würde sich die Stimmung nach Einschätzung der IWH-Konjunkturforscher wohl weiter verschlechtern. „Davon wäre vor allem die private Investitionstätigkeit betroffen“, so Ökonom Oliver Holtemöller. Zu deren allmählicher Stabilisierung in den kommenden Quartalen, wie in der vorliegen­den Prognose unterstellt, käme es dann wohl nicht. Darüber hinaus wären die deut­schen Exportindustrien auch von einer Verschlechterung der Weltkonjunktur betroffen, wie sie etwa durch eine Abkühlung in den USA oder schlechte Nachrichten von den ver­schiedenen geopolitischen Krisenherden ausgelöst werden könnte.

(c) IWH, 05.09.2024

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